Luxusimmobilien der russischen Elite So pompös wohnen Russlands Oligarchen in London

Im Londoner Stadtteil Highgate liegen gleich mehrere Oligarchen-Paläste nebeneinander. Quelle: Google Earth

Kurz nach dem Ende der Sowjetunion tauchten in London Russen mit Koffern voller Geld auf. Die Zahl der Profiteure der damaligen Wildwest-Jahre nahm schnell zu. Satellitenaufnahmen zeigen, wie sie bislang residierten.

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Das Ende der Sowjetunion war gerade erst beschlossen, da strömten Bewohner früherer Sowjetrepubliken nach London. Mit im Gepäck: Koffer voller Geld. Die meisten stammten aus Russland. London empfing diese schwerreichen Besucher mit offenen Armen. Regierungen aller Schattierungen hielten den Oligarchen die Tür auf. Wie die Gäste ihre Vermögen gemacht hatten, war offenbar zweitrangig.

Auf Shoppingtouren durch Londons Luxuskaufhäuser, millionenschwere Überweisungen und Einzahlungen auf Bankkonten in London sowie den britischen Steueroasen in der Karibik folgten oft die Reichen selbst: Hunderte Oligarchen kauften sich in der britischen Hauptstadt Immobilien. Viele machten sich in London sesshaft. Und auch da half der britische Staat aus: Wer einen siebenstelligen Betrag investierte (anfangs mindestens eine Million Pfund, seit einigen Jahren sind es zwei Millionen), bekam ein „goldenes“ Investorenvisum. Nach gerade einmal fünf Jahren hatte der Visainhaber sogar Anspruch auf die britische Staatsbürgerschaft. Das brachte London seinen sarkastischen Spitznamen ein: Londongrad.

Die Organisation Transparency International schätzt, dass russische Privatpersonen, gegen die Korruptionsvorwürfe bestehen oder die dem Kreml nahe stehen, allein zwischen 2016 und 2021 britische Immobilien im Wert von mehr als 1,5 Milliarden Pfund erworben haben. Wie viel es wirklich ist, wird man vermutlich nie wissen. Denn bis heute ist es in Großbritannien möglich, Immobilien gegen eine zusätzliche Gebühr über Offshore-Firmen zu kaufen. Bei einigen besonders imposanten Anwesen kam jedoch über die Jahre ans Licht, wer offenbar die Besitzer sind.

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16 Kensington Palace Gardens

Nur einen Steinwurf entfernt vom Kensington Palace, in dem unter anderem Prince William und seine Familie wohnen, liegt die wohl berühmteste Oligarchen-Immobilie des Landes: das Anwesen des Putin-Vertrauten Roman Abramowitsch. Die Straße, Kensington Palace Gardens, trägt nicht umsonst den Beinamen „Billionaire’s Row“ – Reihe der Milliardäre. Schließlich ist es die teuerste Straße des Landes mit einigen der teuersten Adressen der Welt.

Abramowitsch hat sich das Anwesen mit seinen 15 Schlafzimmern 2009 für 90 Millionen Pfund gekauft und seitdem ordentlich ausgebaut. Heute soll das Haus 200 Millionen Pfund wert sein.


Berichten zufolge suchte Abramowitsch, der heute in Israel lebt, in den vergangenen Wochen einen neuen Besitzer – sowohl für sein Häuschen in London als auch für seinen Fußballverein Chelsea F.C. Damit wollte er wohl drohenden Sanktionen entgehen. Doch zu spät: Am Donnerstag erließ London gegen sieben führende Oligarchen weitreichende Maßnahmen. Abramowitsch ist einer von ihnen. Seine Vermögenswerte in Großbritannien wurden eingefroren. Die geplanten Verkäufe sind vom Tisch. Nach Großbritannien reisen dürfen die sanktionierten Oligarchen nicht mehr. Und: Der Fußballverein Chelsea F.C. darf keine Karten für Spiele mehr verkaufen.

Eaton Square

Der Eaton Square im Diplomatenviertel Belgravia trägt den Spitznamen „Roter Platz“, weil so viele der angrenzenden Immobilien schwerreiche russische Besitzer haben. Schmucke fünfstöckigen Reihenhäuser aus dem frühen 19. Jahrhundert rahmen den Platz ein. Sie zählen zu den begehrtesten Adressen im Land. Klar, dass Abramowitsch auch hier noch ein Häuschen gehört.


Ebenfalls vertreten sind unter anderem der Aluminium-Magnat Oleg Deripaska und Andrei Gontscharenko, der CEO von Gazprom Invest Yug, einem Ableger des Energieriesen Gazprom. Gontscharenko hat sich das Eckhaus mit der Hausnummer 102 gekauft. Doch oh Graus: 2017 richteten sich Hausbesetzer in dem Gebäude ein, machten aus dem Luxusanwesen eine Unterkunft für Obdachlose. Es dauerte eine Woche, bis ein Richter die Räumung des Hauses anordnete.

Hanover Lodge

Andrei Gontscharenko hatte Glück im Unglück: Während Hausbesetzer sein Luxusanwesen am Eaton Square besetzten, musste der Oligarch nicht auf der Straße schlafen oder bei befreundeten Plutokraten unterkommen. Falls er während der Zeit in London war, konnte er in der Hanover Lodge übernachten, seinem eleganten Schlösschen, das den Regent’s Park überblickt. Gontscharenko hat das historische Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, das der legendäre Architekt John Nash entworfen hatte, 2012 für 120 Millionen Pfund gekauft. Damals galt es als das teuerste Privathaus des Landes.


Britische Medien berichteten, dass der Oligarch daraufhin bei den Behörden einen äußerst umfangreichen Bauantrag für einen Umbau des Kellers gestellt hatte: Der schon bestehende Swimmingpool und ein Ballsaal sollten einem größeren Pool, einer Sauna, einem Yogaraum, einem Kino und einem Weinkeller weichen.

Beechwood House

Im gehobenen nördlichen Londoner Stadtteil Highgate liegt Beechwood House. Zu dem opulenten Anwesen gehören mehr als vier Hektar Land. Das 1840 errichtete Gebäude hatte mehrere prominente Besitzer: Saudi-Arabiens König Chalid ibn Abd al-Aziz verbrachte hier ebenso Zeit wie Katars Scheich Hamad bin Chalifa Al Thani. 1975 hielt die damalige Chefin der Konservativen Partei, Margaret Thatcher, hier auf einer Cocktailparty eine Rede. 2008 kaufte sich der in Usbekistan geborene, russische Geschäftsmann Alischer Usmanow das Haus für 48 Millionen Pfund. Usmanow, der damals Anteile am Fußballverein Arsenal besaß, hat in der Zeit nach dem Zerfall der Sowjetunion ein Vermögen im Metall- und Minengeschäft gemacht. Später war er Generaldirektor bei Gazprom Invest Holdings, einer Tochter des staatlichen Energieriesen Gazprom.


2010 reichte eine Firma, die in der Steueroase Isle of Man eingetragen war, eine Baugenehmigung für einen „römischen Badkomplex“ auf dem Grundstück ein, was Nachbarn auf die Palme brachte. Vor Kurzem haben die USA, Großbritannien und die EU weitreichende Sanktionen gegen Usmanow verhängt und all seine Vermögenswerte eingefroren. Die EU erklärte, Usmanow sei „Putins Lieblings-Oligarch“.

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Witanhurst

Wem gehört Witanhurst, Londons größtes Wohnhaus nach dem Buckingham Palast? Das 1930 gebaute Herrenhaus liegt ebenfalls in Highgate. Das dazugehörige Grundstück erstreckt sich über zwei Hektar.


Das Gebäude wurde 2008 von einer mysteriösen Offshore-Firma gekauft. Das US-Magazin „The New Yorker“ kam nach einer ausgiebigen Recherche zu dem Schluss, dass es sich bei dem wahren Besitzer wohl um Andrei Gurjew handelt. Er ist der Gründer von PhosAgro, einem der größten Düngemittelhersteller der Welt. Seinem Sprecher zufolge ist Gurjew jedoch nicht der „rechtliche Besitzer“ des Anwesens, sondern nur ein „Begünstigter des Unternehmens“, auf das es eingetragen ist.

Schätzungen zufolge hat Gurjew nach dem Einbruch von Aktien russischer Unternehmen an einem Tag mehr als eine Milliarde Dollar an Vermögen verloren.

Athlone House

Ein weiteres riesiges Anwesen in Highgate ist das Athlone House, das in den 1920er und 1930er Jahren dem Royal-Dutch-Shell-Top-Manager Sir Robert Waley Cohen und während des Zweiten Weltkrieges der Königlichen Luftwaffe gehörte. 2016 hat es der in der Ukraine geborene russische Geschäftsmann und Oligarch Michail Fridman für 65 Millionen Pfund gekauft und seitdem aufwendig renoviert.

Sein Vermögen hat er in den 1990er-Jahren im Bankgeschäft gemacht. 2013 gründete er mit einem Geschäftspartner in der Steueroase Luxemburg die Investmentfirma LetterOne. Er sitzt in den Aufsichtsräten zahlreicher russischer Unternehmen und gilt als einer der wichtigsten Geschäftsleute des Landes.


Als die EU vor wenigen Tagen gegen Fridman und seinen Geschäftspartner Pjotr Awen Sanktionen verhängte, traten beide von ihren Posten bei LetterOne zurück. Ihnen zusammen gehören laut der „Financial Times“ weniger als 50 Prozent der Anteile an der Investmentfirma, weswegen sie nicht von den Sanktionen direkt betroffen ist. Kurz vor den Sanktionen hatte Fridman erklärt, dass diese nicht dabei helfen würden, den Kreml zu stoppen.

5 Belgrave Square

Es ist eine der exklusivsten Adressen des Landes. Das imposante Gebäude mit Stuckfassade und klassischem Säulenvorbau überblickt grüne Gärten. Zahlreiche Botschaften sind nur wenige Gehminuten entfernt. 2003 wurde das Haus zum Symbol für Londons Transformation in „Londongrad“. Es wurde damals für 25 Millionen Pfund zum Verkauf angeboten. Erworben wurde es für Familienmitglieder des Oligarchen Oleg Deripaska.


Wie bei anderen vermögenden Russen erfolgte der Kauf über eine zwischengeschaltete Firma in der Steueroase British Virgin Islands, so die „Financial Times“. 2006 stellte der High Court in London fest, dass Deripaska der wirtschaftliche Eigentümer des Gebäudes ist. Ein Sprecher sagte der Zeitung, das Haus gehöre Mitgliedern seiner Familie.

Deripaksa wurde im turbulenten Rohstoffgeschäft der 90er-Jahre reich. Wegen seiner engen Beziehungen zum Kreml verhängten die USA 2018 gegen ihn Sanktionen. Er selbst weist alle Vorwürfe zurück. Auch London verhängte gegen ihn an diesem Donnerstag Sanktionen.

Cheyne Walk

Unweit seines Fußballvereins Chelsea Football Club liegt eine weitere Luxusimmobilie, die sich im Besitz des Über-Oligarchen Roman Abramowitsch befindet: das Haus am Cheyne Walk mit der Hausnummer 100.


In derselben Straße lebt auch Rockstar Keith Richards. New Yorks ehemaliger Bürgermeister und Medienmogul Michael Bloomberg wohnt nur einige Häuser weiter. Auch Mick Jagger lebte hier einige Zeit. Die Schriftsteller Ken Follett (Hausnummer 92) und Elizabeth Gaskell (Nummer 93) sind direkte Nachbarn.

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Whitehall Court Penthouse

Nur wenige Gehminuten vom Amtssitz des britischen Premiers in der Downing Street liegt der Luxus-Apartmentblock Whitehall Courts. Das gigantische Gebäude diente bis zum Ende des Ersten Weltkrieges als Hautquartier des britischen Geheimdiensts MI6. In seiner 150-jährigen Geschichte lebten dort mehrere Berühmtheiten, unter ihnen der Bühnenautor George Bernard Shaw.

Laut dem inhaftierten Antikorruptionsaktivisten Alexei Nawalny gehören zwei der Luxusapartments Igor Schuwalow, der von 2012 bis 2018 Russlands Vize-Premierminister war. Die beiden Wohnungen sollen durch einen Umbau in eine 500 Quadratmeter große Mega-Wohnung verwandelt worden sein.


Für die Immobilie soll Schuwalow 2014 rund 11,4 Millionen Pfund bezahlt haben, erklärte Nawalnys Gruppe weiter – das Hundertfache seines damaligen Einkommens als Politiker. Schuwalow erwiderte darauf, er habe die Wohnungen lediglich gemietet. Die britische Regierung setzte Schuwalow vergangene Woche auf ihre Sanktionsliste. Zuvor hatte bereits die EU Sanktionen gegen ihn verhängt.

Mitarbeit: Thomas Stölzel

Lesen Sie hier weitere Satellitenbildbeiträge in unserer Rubrik „Wirtschaft von oben“

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