Macron hilft Merkel Frankreich sichert Flüchtlings-Rücknahme zu

Angela Merkel Quelle: AP

In Frankreich ist ein erster Verbündeter auf dem Weg zu einer europäischen Lösung des Asylstreits gefunden. Auch über europäische Flüchtlingszentren wurde beraten.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel erhält im Asylstreit mit der CSU Rückendeckung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Deutschland und Frankreich wollten eine schnellstmögliche Rückführung von Flüchtlingen, die in anderen EU-Staaten registriert seien, sagte Macron am Dienstag nach einem Treffen mit Merkel in Meseberg. Die Kanzlerin versucht derzeit, bi- und multilaterale Rückführungsabkommen zu schließen. Beim EU-Gipfel Ende Juni wollen sich die Staats- und Regierungschefs zudem mit der Einrichtung von Flüchtlingszentren außerhalb Europas befassen, zum Beispiel in Nordafrika, wie aus einem Reuters vorliegenden Entwurf der Gipfelerklärung hervorging.

In solchen Flüchtlingszentren solle zwischen Armutsflüchtlingen und solchen Geflüchteten unterschieden werden, die internationalen Schutz benötigten. Dadurch solle erreicht werden, dass sich weniger Menschen auf den Weg nach Europa begeben. Der Entwurf enthält auch den Appell an alle Mitgliedstaaten, die Weiterreise eines bereits in der EU registrierten Flüchtlings in ein anderes EU-Land zu verhindern. Genau dies sicherte Macron Merkel zu. „Da sind wir uns einig“, sagte er auf eine Frage, ob Frankreich Flüchtlinge zurücknehme, die dort registriert sind, aber nach Deutschland kommen. Nur gemeinsam mit anderen EU-Staaten könne man an einer Lösung im Migrationsbereich arbeiten. Ohne die CSU-Forderung nach einem nationalen Alleingang zu erwähnen, sagte Macron: „Das kann nur in diesem Rahmen stattfinden“. Es gehe um Solidarität in der EU. Merkel betonte, dass das gemeinsame Ziel sein müsse, die illegale Migration weiter zu reduzieren.

Ein Beschluss auf dem Gipfel am 28. und 29. Juni gilt in Regierungskreisen als wichtiger Schritt, damit Merkel die CSU-Forderung abwehren kann. Die EU-Staaten beraten derzeit über mehrere Elemente einer gemeinsamen europäischen Migrations- und Asylpolitik. Während vor allem die Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Staaten weiter umstritten ist, sei man auf etlichen Gebieten bereits weiter, sagten EU-Diplomaten. Dies gilt auch für die sogenannte Sekundärmigration zwischen den EU-Staaten, die dem Entwurf zufolge das Asylsystem im passfreien Schengenraum gefährde. Die EU-Mitgliedstaaten sollten alle erforderlichen gesetzlichen und behördlichen Maßnahmen ergreifen, um dieser Sekundärmigration zu begegnen und um eng zusammenzuarbeiten, wird gefordert.

Angela Merkel verliert mit ihrer Ablehnung von Zurückweisungen nicht nur den Rückhalt in der Bevölkerung. Deutschland gerät in eine schwache Verhandlungsposition gegenüber den EU-Partnern.
von Ferdinand Knauß

Die CSU hatte verlangt, in einem anderen EU-Land registrierte Flüchtlinge direkt an den deutschen Grenzen abzuweisen. Sie droht den Koalitionspartner CDU und SPD mit einer Umsetzung Anfang Juli. Merkel lehnt dies ab und setzt stattdessen auf bi- oder multilaterale Lösungen mit anderen EU-Staaten. Sie hat Innenminister Horst Seehofer (CSU) indirekt mit Entlassung gedroht, sollte er unilateral handeln.

Die CDU in Sachsen forderte indes eine zügige Umsetzung des „Masterplan Migration“ Seehofers. Dieser setzte einem Zeitungsbericht zufolge erste Einzelheiten seiner Pläne um. So habe der CSU-Chef die Bundespolizei per Erlass angewiesen, diejenigen Menschen an den Grenzen zurückzuweisen, gegen die ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot bestehe, berichtete die „Welt“ vorab. Dies habe eine Sprecherin bestätigt. Vom Ministerium war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Kritik an Seehofers Ankündigung, die Grenzkontrollen in Bayern zu verschärfen, kam vom tschechischen Regierungschef Andrej Babis. Dies sei für sein Land, das eine Grenze zu Bayern hat, nicht akzeptabel, sagte Babis in Prag. Seine Regierung fährt selbst einen harten Kurs gegen Migranten und sperrt sich gegen die EU-Verteilung von Flüchtlingen.

Das UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR mahnte unterdessen mehr Sachlichkeit in der deutschen Debatte an. Denn während weltweit die Zahl der Hilfesuchenden stiegen, kämen in Deutschland seit dem Rekordjahr 2015 immer weniger Flüchtlinge an. Vergangenes Jahr wurden hierzulande 186.644 Asylsuchende erfasst. Im ersten Quartal 2018 sank nach UNHCR-Angaben erneut die Zahl der Asylbewerber im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 16 Prozent. UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming forderte im rbb mehr internationale Solidarität und eine gesamteuropäische Lösung.

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