
„Vor kaum mehr als einem halben Jahr entschied sich das britische Volk für den Wandel. Die Menschen entschieden sich für einer bessere Zukunft unseres Landes. Sie entschieden sich dafür, aus der Europäischen Union auszutreten und sich auf die Welt einzulassen. Sie trafen diese Entscheidung mit offenen Augen und akzeptierten, dass der Weg nach vorn manchmal unsicher sein würde. Aber sie glaubten auch, dass er auf eine bessere Zukunft für ihre Kinder und Enkelkinder hinführen würde. Es ist die Aufgabe dieser Regierung, diese Zukunft zu schaffen.
Das heißt mehr als unser Verhältnis mit der EU neu zu regeln. Es heißt, die Gelegenheit dieses Augenblicks des nationalen Wandels zu packen, innezuhalten, und uns zu fragen, welche Art von Land wir sein wollen. Meine Antwort ist klar.
Ich will, dass dieses Vereinigte Königreich aus dieser Phase des Wandels stärker, gerechter, geeinter und offener nach außen hervorgeht als je zuvor. (...)
Das Ergebnis des Referendums war keine Entscheidung, uns nach innen zu wenden und aus der Welt zurückzuziehen. (...)
Wir sind ein europäisches Land - und stolz auf unser gemeinsames europäisches Erbe - aber wir sind auch ein Land, das immer schon über Europa hinaus auf die weitere Welt geschaut hat. (...)
Es ist wichtig zu verstehen: der 23. Juni war nicht der Tag, an dem Großbritannien entschieden hat, sich aus der Welt zurückzuziehen. Es war der Zeitpunkt, an dem wir uns entschieden haben, ein wahrhaft globales Großbritannien zu schaffen.
Ich weiß, dass diese und andere Gründe, aus denen Großbritannien diese Entscheidung traf, von unseren Freunden und Partnern in Europa nicht immer leicht verstanden werden. Und ich weiß, dass viele fürchten, dies könnte der Anfang einer weiteren Auflösung der EU sein.
Aber ich sage ganz klar: Ich will nicht, dass dies passiert. Es wäre nicht im besten Interesse Großbritanniens. (...)
Unsere Wahl, die EU zu verlassen, war keine Zurückweisung der Werte, die wir teilen. Die Entscheidung, die EU zu verlassen, zeigt nicht den Wunsch, sich von euch, unseren Freunden und Nachbarn, zu entfremden. Es war kein Versuch, der EU selbst oder den verbleibenden Mitgliedsstaaten zu schaden (...)
Wir werden verlässliche Partner, willige Verbündete und enge Freunde bleiben.(...)
Wir verlassen die Europäische Union, nicht Europa.
Was der Abschied der Briten bedeutet
Er gilt als das Herzstück der Europäischen Union seit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 und der Europäischen Zollunion 1968. Großbritannien trat 1973 bei. Vollendet wurde der Binnenmarkt mit dem Vertrag von Maastricht 1992. Als Eckpfeiler gelten die „vier Freiheiten“: Freiheit des Warenverkehrs, der Arbeitskräfte, der Dienstleistungen und des Kapital- und Zahlungsverkehrs. Das heißt, die gut 500 Millionen EU-Bürger können in den 28 EU-Staaten kaufen, arbeiten und investieren, wo sie wollen.
Die EU-Länder erkennen gegenseitig ihre Regeln an und alle gemeinsam die EU-Richtlinien und Verordnungen. Die EU-Kommission ist die Überwachungsinstanz. Sie maßregelt Länder, die den Wettbewerb verzerren, ob nun mit Subventionen oder unfairen Steuervorteilen. Auch Kartelle nimmt Brüssel regelmäßig ins Visier. Üblich sind millionenschwere Bußgelder. Die EU-Gerichte bieten einen Rechtsweg.
Die 28 EU-Staaten machen dank gemeinsamer Regeln und Zollfreiheit untereinander weit mehr Geschäfte als mit Partnern außerhalb der Gemeinschaft. So hatte allein der Warenverkehr untereinander 2015 laut der Statistikbehörde Eurostat ein Volumen von 3,07 Billionen Euro - 71 Prozent mehr als mit dem Rest der Welt. Deutschland hat einen Anteil von gut einem Fünftel: 22,6 Prozent aller Warensendungen innerhalb der EU kommen aus Deutschland, 20,9 Prozent aller in der EU verschifften Güter enden dort.
Der Handel in der EU ist für Großbritannien weniger wichtig als für die Bundesrepublik. Sein Anteil an den innerhalb der EU versendeten Güter lag laut Eurostat 2015 bei 10,2 Prozent. Es ist auch das einzige Mitgliedsland, das innerhalb der EU weniger Handel treibt als mit Drittstaaten - gemessen jeweils an Aus- und Einfuhren zusammen.
Großbritannien bezieht trotzdem rund die Hälfte seiner importierten Waren aus der EU und liefert auch etwa die Hälfte seiner Exporte dorthin, wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) 2015 analysierte. Noch bedeutender sind britische Dienstleistungen: Hier erwirtschaftete das Königreich 2014 laut IW in der EU einen Überschuss von 19,1 Milliarden Euro, vor allem mit Finanzdienstleistungen. Eng verwoben sind beide Seiten auch in Wertschöpfungsketten. Es werden eben nicht nur fertige Produkte gehandelt, sondern auch Teile und sogenannte Vorleistungen. Hier könnte sich ein Austritt Großbritanniens aus dem Binnenmarkt besonders negativ auswirken, schließt das IW.
Die britische Regierung sieht die wirtschaftlichen Vorteile und würde sie gerne weiter nutzen. Eine der vier Freiheiten macht ihr jedoch politisch zu schaffen: die Zuwanderung von Arbeitskräften aus anderen EU-Ländern. Allein aus Polen kamen insgesamt 870 000 Menschen. Die Brexit-Befürworter beklagen den Druck auf Arbeits- und Wohnungsmarkt und wollen die Freizügigkeit stoppen. Die übrigen EU-Länder geben sich aber lhart: Zugang zum Binnenmarkt gebe es nur mit allen vier Freiheiten, „Rosinenpicken“ komme nicht in Frage.
Großbritannien ginge der ungehinderte Zugang zu einem Markt mit knapp 450 Millionen Menschen verloren. London hätte dafür bei Subventionen und Steuervorteilen freie Hand und könnte Kapital anlocken. Bei einem Ausscheiden aus der Zollunion wären wieder Zölle zwischen Großbritannien und dem Kontinent denkbar. Das Königreich könnte auch mit eigenen Handelsbündnissen, etwa mit den USA, der EU eins auswischen. Wahrscheinlich ist jedoch eine Verhandlungslösung. Premierministerin May sagte am Dienstag, sie wolle den weiteren Zugang zum Binnenmarkt mit einem „umfassenden Handelsabkommen“ sichern. Ein Zollabkommen wolle sie ebenfalls. IW-Brexit-Experte Jürgen Matthes erwartet ein Geben und Nehmen, das heißt, je mehr EU-Einfluss Großbritannien zulässt, desto mehr Marktzugang kann es erwarten. Kommen beide Seiten nicht überein, wären sie immerhin noch über die Welthandelsorganisation WTO verbunden.
Und daher suchen wir eine neue und gleichberechtigte Partnerschaft, zwischen einem unabhängigen, sich selbst regierenden, globalen Großbritannien und unseren Freunden und Verbündeten in der EU. Keine teilweise Mitgliedschaft in der EU, keine assoziierte Mitgliedschaft, oder irgendwas, dass uns halb drinnen, halb draußen lässt. Wir wollen kein Modell übernehmen, dass andere Länder bereits haben. Wir wollen nicht an Häppchen der Mitgliedschaft festhalten, wenn wir gehen.
Nein, das Vereinigte Königreich verlässt die Europäische Union. Und meine Aufgabe ist es, dabei das richtige Abkommen für Großbritannien zu bekommen. (...)
1. Sicherheit
Wir stehen kurz davor, Verhandlungen zu beginnen. Das bedeutet ein Geben und Nehmen. Es wird Kompromisse geben müssen. Von beiden Seiten wird Vorstellungskraft notwendig sein. Und nicht alle werden jederzeit alles wissen können.
Aber mir ist klar, wie wichtig es ist, der Wirtschaft, dem öffentlichen Sektor und jedermann so viel Sicherheit wie möglich zu geben, während wir diesen Prozess durchlaufen. (...)
Daher werden wir, wenn wir das Gesetz zu den Europäischen Gemeinschaften aufheben, das „acquis“ - das existierende EU-Gesetzeswerk - in Britisches Recht umwandeln.
Dies wird dem Land maximale Sicherheit geben, wenn wir die EU verlassen. Die gleichen Regeln und Gesetze werden am Tag nach dem Brexit gelten wie zuvor. (...)
Ich kann heute bestätigen, dass die Regierung das endgültige Abkommen, das zwischen dem UK und der EU ausgehandelt wurde, beiden Parlamentshäusern zur Abstimmung vorlegen wird, bevor es in Kraft tritt. (...)
2. Kontrolle unserer eigenen Gesetze
Wir werden die Kontrolle über unsere Gesetze zurückholen und die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes in Großbritannien beenden. (...). Denn wir werden die Europäische Union nicht wirklich verlassen, wenn wir keine Kontrolle über unsere eigenen Gesetze haben.
3. Stärkung des Vereinigten Königreiches
(...)