WirtschaftsWoche: Herr Premierminister, die Ukraine steht vor der Unterzeichnung eines Assoziierungsvertrags mit der EU. Wann soll Ihr Land die Vollmitgliedschaft bekommen?
Asarow: So weit in die Zukunft schauen wir nicht. Für uns ist erst einmal wichtig, dass die vielen Handelshürden zwischen uns und der EU beseitigt werden – Quoten, Zölle, technische Regulative.
Manche Unternehmen in der Ukraine arbeiten noch mit Maschinen aus Sowjetzeiten. Ist Ihr Land reif für den Wettbewerb mit EU-Unternehmen?
Der Weg wird steinig. Ich schätze, dass unsere Unternehmen zig Milliarden Euro investieren müssen, um die EU-Normen zu erfüllen. Danach erst wird sich zeigen, ob sie wettbewerbsfähig sind. Gerade in der Autoindustrie haben einige Geschäftsleute Angst vor Mercedes, was ich verstehen kann. Andererseits wird mehr Wettbewerb zu höherer Qualität bei ukrainischen Produkten führen.
Bitte nennen Sie ein Beispiel.
In unserer Pharmaindustrie haben wir den internationalen Qualitätsstandard GMP eingeführt, was die Unternehmen zur Modernisierung ihrer Produktion gezwungen hat. Heute stellt die Ukraine bessere Medikamente her als eine Reihe renommierter europäischer Hersteller – einfach, weil wir die Anlagen erst kürzlich erneuert haben und nicht schon vor zehn Jahren, wie die Europäer.
Sie preisen Freihandel und bauen neue Hürden auf: Seit Kurzem erhebt die Ukraine Abwrackprämien für ausländische Autos. Ist das kein Widerspruch?
Wir wollen nicht die heimische Industrie mit Handelshürden schützen, sondern das Defizit in der Zahlungsbilanz senken. Dazu müssen wir die Importe zumindest vorübergehend reduzieren.
Die Ukraine steckt in der Dauerkrise. Die Wirtschaft stagniert, die Reserven schwinden. Wie wollen Sie Ihr Land wieder in Schwung bringen?
Wir leiden unter den Nachwehen der globalen Finanzkrise, auf die die damalige Regierung nicht adäquat reagiert hat. Außerdem erdrückt uns Russland mit unbegründet hohen Gaspreisen. Ich würde aber nicht sagen, dass die Wirtschaft stagniert. Das Bruttoinlandsprodukt wird in diesem Jahr um ein Prozent wachsen, wir haben das Gröbste überstanden.
Obwohl Sie für Gas aus Russland weiterhin Rekordpreise zahlen?
Gasimporte aus Russland haben wir deutlich reduzieren können, was zu einem Rückgang des bilateralen Handelsvolumens um etwa 20 Prozent im ersten Halbjahr geführt hat. Derzeit zahlen wir 530 Dollar für einen Kubikmeter Russen-Gas – so hohe Preise haben Sie in Europa noch nie gesehen! Wir kaufen Gas in Deutschland um 100 Dollar günstiger, als wenn wir es von Russland direkt beziehen würden. So verliert die Industrie ihre Rentabilität.