Nach langen Verhandlungen Karlsruhe gibt endgültig grünes Licht für europäisches Einheitspatent

Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Eilanträge gegen das europäische Einheitspatent abgewiesen. Quelle: dpa

Nur ein Antrag statt für jedes Land einzeln: Das EU-Einheitspatent soll es Unternehmen mit ihren Erfindungen einfacher machen. Jahrelang scheiterte das Projekt an Deutschland. Jetzt könnte der Knoten durchschlagen sein.

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Das europäische Einheitspatent soll Unternehmen Zeit und Geld sparen – und jetzt steht Deutschland nach jahrelanger Hängepartie dem Start nicht mehr im Weg. Das Bundesverfassungsgericht wies zwei neue Eilanträge wegen des vorgesehenen Einheitlichen Patentgerichts zurück, wie am Freitag in Karlsruhe mitgeteilt wurde. Die Kläger hätten eine Verletzung ihrer Grundrechte nicht ausreichend dargelegt, ihre eigentlichen Verfassungsbeschwerden seien deshalb unzulässig. Damit steht auch fest, dass es keine Prüfung im Hauptverfahren mehr geben wird. (Az. 2 BvR 2216/20 u.a.)

Das bedeutet, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das im November und Dezember von Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz dazu nun ausfertigen kann. Die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats hatten ihn im Januar gebeten, damit zu warten, bis über die Eilanträge entschieden ist. Dem war der Bundespräsident nachgekommen.

Das Einheitspatent, an dem sich mit Ausnahme von Spanien und Kroatien alle EU-Staaten beteiligen, soll die Kosten für das Anmelden einer Erfindung nach Angaben der EU-Kommission um bis zu 32.000 Euro senken. Die Idee ist, dass jeder Inhaber eines europäischen Patents zentral einen Antrag auf einheitliche Wirkung stellen kann. Damit gilt es auf einen Schlag in allen teilnehmenden Staaten. Die mühsame nationale Zertifizierung in jedem einzelnen Land entfällt.

Die deutsche Zustimmung ist zwingende Voraussetzung für den Start des Systems. Wegen Klagen in Karlsruhe lag das Projekt zuletzt jahrelang auf Eis. Auf europäischer Ebene steht das Übereinkommen seit 2013.

Zunächst hatten die Verfassungsrichter nach langer Prüfung im Februar 2020 ein erstes Gesetz für nichtig erklärt, weil bei der Abstimmung im Bundestag 2017 viel zu wenige Abgeordnete anwesend waren. Daraufhin hatten Bundestag und Bundesrat Ende 2020 das Gesetz wortgleich noch einmal beschlossen. Aber noch vor dem Jahreswechsel waren die beiden neuen Verfassungsklagen mit Eilanträgen eingegangen.

Die Klagen richteten sich nicht gegen das Einheitspatent an sich, sondern nur gegen einen Teil des Systems, das Einheitliche Patentgericht. Es soll Streitigkeiten über europäische Patente entscheiden und dafür die ausschließliche Zuständigkeit bekommen.

Die Kläger sehen das Rechtsstaatsprinzip und ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt und hatten Verstöße gegen das Unionsrecht moniert. Ohne Erfolg: Die Bundesregierung gehe davon aus, dass das Übereinkommen „keine über den Status quo hinausgehende Regelung des Verhältnisses von Unionsrecht und nationalem Verfassungsrecht enthält“, teilte das Gericht mit.

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Ein einheitlicher europäischer Patentschutz ist bereits seit Mitte der 1970er Jahre in Planung. Vorbehaltlich der deutschen Zustimmung sollte das europäische Einheitspatent Anfang 2022 starten.

Mehr zum Thema: Die Verteilung der Corona-Impfstoffe hat eine Debatte über den Sinn von Patenten ausgelöst. Das rührt an eine ökonomische Grundsatzfrage: Muss der Staat Ideen als geistiges Eigentum schützen – weil sonst Innovationen unterbleiben?

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