Nach London-Anschlag May kündigt neue Härte gegen Islamisten an

Ein Anschlag mit mindestens sieben Toten in der britischen Hauptstadt erschüttert das Land. Die Polizei nimmt am Montag weitere Verdächtige fest. Zuvor reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat den Anschlag für sich.

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Großbritanniens Premierministerin Theresa May will härter gegen Islamisten vorgehen. Quelle: REUTERS

Nach drei schweren Terroranschlägen in kurzer Folge will Premierministerin Theresa May den radikalen Islamismus aus der britischen Gesellschaft „ausrotten“. Zugleich unterstützte die Regierungschefin am Montag die „Shoot to Kill“-Taktik der Polizei, also gezielte Schüsse mit Tötungsabsicht auf Angreifer. „Jetzt reicht's“, sagte May nach dem Londoner Anschlag zu Pfingsten mit sieben Toten. Am Donnerstag wählen die Briten ein neues Parlament. Der Kampf gegen den Terror steht im Mittelpunkt des Wahlkampfs.

May stellte einen Vier-Punkte-Plan vor, der sich mit aller Härte nicht nur gegen Terroristen, sondern gegen den radikalen Islamismus schlechthin richtet. „Wir müssen viel stärker daran arbeiten, ihn zu erkennen und ihn aus dem öffentlichen Dienst und der Gesellschaft auszurotten.“ Mit dem Begriff „öffentlicher Dienst“ spricht May vermutlich das Schulwesen an. Es gebe „viel zuviel Toleranz für Extremismus in unserem Land“, sagte sie. „Wir werden den Terroristen nicht erlauben, dass sie uns besiegen. Wir werden sie besiegen.“ May plant unter anderem eine schärfere Überwachung von Internet und Messengerdiensten. Auch längere Haftstrafen gehören zum Paket.

Drei Männer hatten am Samstagabend im Zentrum Londons Menschen mit einem Lieferwagen und langen Messern attackiert und dabei sieben Passanten getötet und rund 50 weitere teils schwer verletzt. Die Angreifer wurden von Polizisten erschossen - vom Notruf bis zu ihrer Tötung vergingen nur acht Minuten. Unter den Verletzten waren laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auch zwei Deutsche.

Große Terroranschläge in Europa

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte am späten Sonntagabend den Anschlag für sich. Ein Gedenkkonzert mit 50 000 Besuchern setzte im nordenglischen Manchester zeitgleich ein Zeichen gegen Terror.

Es war das dritte Attentat binnen drei Monaten in Großbritannien und das zweite in London - alle drei hat der IS für sich in Anspruch genommen: In Manchester hatte im Mai ein Selbstmordattentäter nach einem Auftritt der US-Sängerin Ariana Grande 22 Menschen getötet. Ende März war ein Mann auf der Westminster-Brücke in London mit hohem Tempo in Fußgänger gefahren. Anschließend tötete er mit einem Messer einen unbewaffneten Polizisten. Sechs Menschen starben.

Erst am Freitagabend war das Musikfestival „Rock am Ring“ mit fast 90 000 Fans in der Eifel wegen eines Terroralarms unterbrochen worden. Auslöser seien Unstimmigkeiten zwischen den tatsächlichen Personen und den registrierten Namen auf Zugangsausweisen für sicherheitsrelevante Bereiche gewesen, hieß es von den Ermittlern. Über mindestens einen der Verdächtigen gebe es „deutliche Erkenntnisse im Bereich des islamistisch geprägten Terrorismus“.

„Jetzt reicht's!“
Theresa MayWenige Stunden nach der Attacke mit mindestens sieben Toten meldete sich Premierministerin Theresa May zu Wort. „Jetzt reicht's!“, sagte sie energisch. Im Kampf gegen Islamisten kündigte sie eine härtere Gangart an. Bei der Terrorbekämpfung müsse sich etwas ändern. Quelle: REUTERS
Amber RuddDie britische Innenministerin Amber Rudd hat die Anschläge in London als „entsetzlich“ bezeichnet. Diese hätten sich gegen Menschen gerichtet, die sich mit ihren Freunden und Familien amüsiert hätten, sagte Rudd in der Nacht zum Sonntag. Sie sei in Gedanken bei den Opfern und allen Betroffenen. Unter diesen „schwierigen und traumatischen Umständen“ sei sie vor allem der Polizei und den Sicherheitskräften für ihren schnellen Einsatz dankbar, so die Innenministerin. Quelle: REUTERS
Angela Merkel„Ich denke in diesen Stunden in Anteilnahme und Solidarität an unsere britischen Freunde und an alle Menschen in London“, sagte die Kanzlerin in einer am Sonntagmorgen verbreiteten Erklärung. „Meine Gedanken sind bei den Opfern des Anschlags und ihren Familien.“ Sie wünschte den Verletzten eine baldige Genesung. „Wir sind heute über alle Grenzen hinweg im Entsetzen und der Trauer vereint, aber genauso in der Entschiedenheit.“ Die Kanzlerin bekräftigte, dass Deutschland im Kampf gegen jede Form von Terrorismus „fest und entschlossen“ an der Seite Großbritanniens stehe. Quelle: AP
Donald TrumpIn einem ersten Tweet kurz nach der Nachricht über die Vorfälle betonte US-Präsident Trump, dass die USA „smart, wachsam und hart“ sein müssten. So brauche das Land als eine zusätzliche Schutzmaßnahme die von ihm verfügten - und von Gerichten blockierten - Einreiseverbote, schrieb Trump. Sie sehen unter anderem befristete Visasperren für Menschen aus mehreren mehrheitlich muslimischen Ländern vor. Trump forderte: „Die Gerichte müssen uns unsere Rechte zurückgeben!“ US-Präsident Trump hat der britischen Premierministerin Theresa May zudem telefonisch sein Beileid ausgedrückt. Quelle: dpa
Emmanuel MacronFrankreich steht nach der Terrorattacke in London nach den Worten des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron an der Seite Großbritanniens. Macron sprach in der Nacht zu Sonntag auf Twitter von einer „neuen Tragödie“. „Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien.“ Quelle: AP
Sadiq KhanDer Bürgermeister von London, Sadiq Khan, sprach von einer „vorsätzlichen und feigen Attacke“. Es gebe keine Rechtfertigung für solche barbarischen Taten. In einer Stellungnahme erklärte er, an Mays Sondersitzung teilzunehmen. Diese soll am Sonntagvormittag stattfinden. Quelle: AP
Ariana GrandeUS-Sängerin Ariana Grande betet für London. Das twitterte sie in der Nacht zum Sonntag. Kurz nach dem Ende eines ihrer Konzerte in Manchester hatte ein Selbstmordattentäter vor etwa zwei Wochen 22 Menschen mit in den Tod gerissen, darunter auch Teenager. Sie selbst blieb unverletzt. An diesem Sonntag gibt Grande mit einem riesigen Staraufgebot ein Benefizkonzert für die Opfer in der nordenglischen Stadt. Auch Katy Perry und Coldplay werden bei „One Love Manchester“ auftreten. Quelle: AP

Die Polizei hat die drei toten Attentäter des Londoner Anschlags identifiziert. Die Namen würden veröffentlicht, „sobald es die Ermittlungen erlauben“, teilte die Londoner Polizei am Montag mit. Jetzt gehe es darum, herauszufinden, ob die Männer weitere Helfer bei der Planung des Anschlags gehabt hätten, sagte Polizeichefin Cressida Dick. Bereits wenige Stunden nach dem Anschlag gab es im Osten Londons zwölf Festnahmen, weitere Verdächtige wurden am Montag inhaftiert.

„Wir werden diese Feiglinge nie gewinnen lassen, und wir werden uns nie vom Terrorismus einschüchtern lassen“, sagte Londons Bürgermeister Sadiq Khan mit Blick auf die Attentäter.

Facebook versicherte, das weltgrößte Online-Netzwerk wolle eine „feindselige Umgebung“ für Terroristen sein. „Mit einer Mischung aus Technologie und Aufsicht durch Menschen arbeiten wir aggressiv daran, terroristische Inhalte von unserer Plattform zu entfernen, sobald wir von ihnen erfahren“, sagte Facebooks Politik-Chef Simon Milner.

US-Präsident Donald Trump sagte Großbritannien „unerschütterliche Unterstützung“ zu. Zugleich betonte er seine Entschlossenheit, die USA mit allen nötigen Mitteln vor terroristischen Attacken zu schützen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich kurz nach der Tat betroffen: „Wir sind heute über alle Grenzen hinweg im Entsetzen und der Trauer vereint.“

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