Nach Problemen bei AstraZeneca und Johnson&Johnson mRNA-Impfstoffe: Ab jetzt der Goldstandard

Die EU soll im laufenden zweiten Quartal 50 Millionen Impfstoffdosen von Pfizer und Biontech mehr bekommen als bislang geplant, verkündete EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Quelle: AP

Bei den künftigen Einkäufen will sich die EU auf die Impfstoffe der neuen Generation konzentrieren. Biontech ist nur der Anfang. Offen ist aber, ob Europa es sich überhaupt leisten kann, auf andere Vakzine zu verzichten.

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Nach vielen schlechten Nachrichten endlich einmal eine gute: Am Mittwoch kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, dass Biontech-Pfizer die Lieferung von 50 Millionen Dosen Impfstoff auf das zweite Quartal vorziehen werden und dass die EU-Kommission mit den Unternehmen über einen Vertrag über 1,8 Milliarden Dosen für die Jahre 2021 bis 2023 verhandelt.

Die EU-Kommission macht damit klar, dass sie für die kommenden Jahre auf Impfstoffe der neuartigen mRNA-Technik setzt. Sie besitzen gleich mehrere Vorteile: Sie sind wirksamer und lassen sich leichter an neue Varianten des Corona-Virus anpassen. Und sie zeigen weniger Nebenwirkungen. Von Problemen mit Thrombosen, wie sie in sehr seltenen Fällen bei AstraZeneca und Johnson&Johnson vorgekommen sind, war bisher nicht zu hören. „Die Zukunft gehört den mRNA-Impfstoffen“, urteilt Peter Liese (CDU), gesundheitspolitischer Sprecher der Christdemokraten im Europäischen Parlament.

Gegenüber Europa-Abgeordneten hat die EU-Kommission den Eindruck erweckt, künftig keine Verträge mehr mit Anbietern wie AstraZeneca und Johnson&Johnson abschließen zu wollen. In einer Videokonferenz mit Europaabgeordneten war dies die Botschaft, die EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas überbrachte. Allerdings war dies eine gewagte Aussage. Denn niemand kann den Bedarf für die kommenden Jahre genau abschätzen. Noch steht nicht genau fest, wie lange der bisherige Impfschutz anhält. Erst wenn dies bekannt ist, kann die Nachfrage für Impfauffrischungen errechnet werden. Mutationen können ebenfalls weitere Impfungen notwendig machen.

Wenn die EU-Kommission auf die mRNA-Technik setzt, dann bleiben aktuell drei Anbieter: Biontech-Pfizer, Moderna und Curevac. Der Impfstoff von Curevac ist von der Arzneimittelbehörde EMA noch nicht genehmigt. Die bestellten Mengen stellen das Unternehmen Brüsseler Insidern zufolge durchaus vor Herausforderungen. Ob Kapazitäten für einen Folgeauftrag vorhanden wären, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig.

Von der Leyen ließ offen, ob es die EU-Kommission bei dem einen Vertrag mit Biontech-Pfizer für die kommenden beiden Jahre belassen will, wie das in Brüssel gestreut wurde. „Weitere Verträge mit weiteren Unternehmen könnten folgen“, sagte sie am Mittwoch.

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Mit dem Fokus auf die mRNA-Technologie löst sich die EU-Kommission von der Skepsis, die zu Beginn der Verhandlungen im vergangenen Jahr vor allem in den osteuropäischen Staaten vorherrschte. Viele Länder lehnten die Technologie ab – auch wegen des höheren Preises der Impfstoffe. Diese Haltung hatte dafür gesorgt, dass die EU als Ganzes zögerlich bei diesen Impfstoffen zugriff. Mit der Konzentration auf die mRNA-Technologie entledigt sich die EU-Kommission auch dem höchst unangenehmen Vertragspartner AstraZeneca, von dem sich Brüssel vorgeführt fühlt. In den neuen Verträgen sollen Formulierungen wie „best effort“, also „beste Anstrengungen“, auf die sich AstraZeneca bei seinen Lieferverzögerungen zurückzieht auch nicht mehr vorkommen.

Von der Leyen strahlte bei ihrem Auftritt am Mittwoch Zuversicht aus, mit Biontech-Pfizer schnell einig zu werden. Das deutsch-amerikanische Duo hat sich – ebenfalls nach anfänglichen Lieferschwierigkeiten – zu einem mustergültigen Lieferanten entwickelt. Ob Europa es sich leisten kann, auf andere Hersteller zu verzichten, muss sich im weiteren Verlauf der Pandemie noch erweisen.

Mehr zum Thema: Nicht nur die EU bestellt enorme Mengen: Der Corona-Impfstoff bringt Biontech erste Gewinne. Und die Forschung an Krebsmitteln könnte die Basis für langfristigen Erfolg sein – oder eine teure Enttäuschung. Bringt ein Investment gesunde Rendite oder Nebenwirkungen?

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