Das Ceta-Freihandelsabkommen der EU mit Kanada landet vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Initiatoren der Initiative "Nein zu Ceta" reichten am Mittwoch ihre von mehr über 125.000 Menschen getragene Verfassungsbeschwerde beim höchsten deutschen Gericht ein. Sie sprachen von der größten Bürgerklage in der Geschichte der Bundesrepublik.
Darüber hinaus beantragten die Ceta-Gegner eine Einstweilige Anordnung, mit der eine vorläufige Anwendung des Abkommens vor Abschluss der Ratifizierung in den nationalen Parlamenten der EU verhindert werden soll.
Organisatoren der Klage sind die Verbände Campact, Foodwatch und "Mehr Demokratie". Die über 70 Kartons mit den Vollmachten der Bürger waren am Dienstag in Erfurt in einen Lastwagen verladen und auf den Weg nach Karlsruhe gebracht worden. In der unterschriftsreifen Ceta-Vereinbarung sehen sie einen Wegbereiter für das umstrittene EU-Freihandelsabkommen TTIP mit den USA, das aber noch nicht ausverhandelt ist.
Die Freihandelsabkommen
Ceta ist die Abkürzung für das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada. Es steht für „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen). Die technischen Verhandlungen begannen 2009, beendet wurden sie 2014. Am 27. Oktober soll Ceta unterzeichnet werden. Ziel des Abkommens ist es, durch den Wegfall von Zöllen und „nichttarifären“ Handelsbeschränkungen wie unterschiedlichen Standards und Normen das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.
Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums ist die EU für Kanada nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner. Ceta gilt auch als Blaupause für das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP), das den weltgrößten Wirtschaftsraum mit rund 800 Millionen Verbrauchern schaffen würde. Kritiker sehen durch beide Abkommen unter anderem demokratische Grundprinzipien ausgehöhlt.
TTIP ist ein sich in der Verhandlung befindendes Freihandels- und Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA. Seit Juli 2013 verhandeln Vertreter beider Regierungen geheim – auch die nationalen Parlamente der EU erhalten keine detaillierten Informationen.
In dem Abkommen geht es um Marktzugänge durch den Abbau von Zöllen. Zudem sollen globale Regeln entwickelt werden – etwa zur Vereinheitlichung von Berufszugängen innerhalb der Handelszone. Auch Gesundheitsstandards und Umweltstandards sollen angeglichen werden.
Als Blaupause für das Abkommen gilt CETA.
Die Ceta-Vereinbarung verstößt nach ihrer Auffassung in mehreren Punkten gegen das Grundgesetz. So schränke sie das Recht der Bürger ein, über ihr eigenes politisches Schicksal zu bestimmen. Das Recht der EU und ihrer Mitgliedstaaten, eigenständig Gesetze und andere Regeln zu verabschieden, werde geschwächt. Das in Europa geltende Vorsorgeprinzip im Gesundheits-, aber auch dem Umwelt-, Verbraucher- und Lebensmittelschutz, werde nicht ausreichend abgesichert. Schließlich kritisieren die Gegner, dass nach dem Abschluss Vertragsteile nicht gekündigt werden könnten.
Als gefährlich beurteilen die Kritiker die Möglichkeit, dass Ceta, zumindest teilweise vorläufig in Kraft gesetzt werden könnte. Würde das Verfassungsgericht dem Antrag auf Einstweilige Anordnung stattgeben, könnte der Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Rat der EU-Handelsminister nicht zustimmen. Gabriel und die Bundesregierung halten Ceta für ein gutes Handelsabkommen, das als Maßstab für künftige ähnliche Vereinbarungen gelten könnte.