
Der bisherige EU-Energiekommissar Günther Oettinger wird einem Zeitungsbericht zufolge in der neuen Kommission für die digitale Wirtschaft zuständig sein. Der weitere Zuschnitt des Ressorts für den CDU-Politiker werde im Laufe des Mittwochs in Einzelgesprächen geklärt, berichtete die "Bild" unter Berufung auf Kreise der EU-Kommission.
So klar ist die neue Aufgabe des bisherigen EU-Energiekommissars wohl aber doch nicht. Der deutsche Kommissar werde voraussichtlich ein Wirtschafts-Portfolio übernehmen, sagte ein hochrangiger EU-Diplomat am Mittwoch in Brüssel. Das könne die Themen Handel, Binnenmarkt oder ein anderes Wirtschaftsressort umfassen. Es stehe allerdings noch lange nicht fest, dass Oettinger für den digitalen Binnenmarkt zuständig sein solle.
Damit haben EU-Abgeordnete zu kämpfen
EU-Abgeordnete pendeln zwischen Brüssel, Straßburg, ihren Wahlkreisen und anderen Tagungsorten. Das kostet Kraft und Zeit.
EU-Abgeordnete sind kaum zu Hause. Die Arbeitsbelastung und auch die Reisezeiten nehmen viel Zeit in Anspruch, so dass normale Wochenenden mit der Familie selten sind.
Bei der Hetzerei von Termin zu Termin bleiben gesunde Ernährung und Sport auf der Strecke. Das heißt oft eher Sandwiches als warme Mahlzeiten. In Verhandlungsmarathons mit Kommissions- und Ratsbeamten fällt der Schlaf schon mal komplett aus.
EU-Abgeordnete müssen sich bei der Vorarbeit für Gesetzesvorschläge umfassend über den Sachverhalt informieren. Das bedeutet viele und lange Sitzungen mit betroffenen Gruppen aus Industrie, Wirtschaft, mit Umweltverbänden und Gewerkschaften.
EU-Abgeordnete eilen von einer Sitzung zur anderen: Im Parlament, in ihren Parteien, mit Vertretern von Interessengruppen, und nationalen Abgeordneten. Da ist eine strikte Auswahl nötig, um wichtige von unwichtigen Terminen zu trennen.
EU-Abgeordnete beklagen häufig eine mangelnde Öffentlichkeit. Es ist oft sehr schwierig, in die Medien zu kommen, und wenn es doch klappt, wird es wenig gelesen.
An langen Sitzungstagen sind knitterige und ausgebeulte Abgeordnetenanzüge keine Seltenheit. Auffällig sind da Italiener, die auch abends wie aus dem Ei gepellt durch Gänge eilen.
EU-Abgeordnete hören bei Treffen mit Bürgern oft Kritik über die Regelung von Kleinigkeiten. Als Beispiele werden dabei oft genannt: Das Verbot von Glühlampen, das (wieder gekippte) Verbot von Ölkännchen oder der Stromverbrauch von Kaffeemaschinen.
Der CDU-Politiker sprach am Vormittag mit dem neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker über seine neuen Aufgaben. Weder die Sprecherin Oettingers noch die Sprecherin Junckers wollten sich zu dem Treffen oder dem "Bild"-Bericht äußern. Juncker will das Thema Digitales zu einem seiner Kernthemen machen, die künftig von Vizepräsidenten der Kommission betreut werden sollen. Diese sollen dann die Arbeit der anderen Kommissare koordinieren. Ein Posten als Vizepräsident sei für Oettinger nicht vorgesehen, hieß es von der mit der Sache vertrauten Person weiter. Juncker wolle diese Jobs mit ehemaligen Ministerpräsidenten und Frauen besetzen. Außerdem soll ein Gleichgewicht in der Kommission zwischen Deutschland und Frankreich gewahrt bleiben.
Keine Vize-Posten für Moscovici
Das würde bedeuten, dass auch der ehemalige französische Finanzminister Pierre Moscovici keinen Posten als Vizepräsident bekommt. Der Sozialist Moscovici ist für die Nachfolge des Finnen Olli Rehn als Wirtschafts- und Währungskommissar im Gespräch, auch wenn der Zuschnitt des Ressorts noch unklar ist. Rehns Interims-Nachfolger ist dessen Landsmann Jyrki Katainen, der als früherer Ministerpräsident die Voraussetzung für den Posten als Vizepräsident mitbringen würde. Nach Konsultationen mit allen Kandidaten für seine Kommission will Juncker voraussichtlich Mitte kommender Woche sein Kommissions-Team für die kommenden fünf Jahre vorstellen.
Bereits am Dienstag hatte der künftige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hinter verschlossenen Türen Gespräche mit designierten Kommissaren begonnen. Zu Namen und Reihenfolge der Interviews nahm seine Sprecherin keine Stellung. Laut niederländischen Medien war der niederländische Außenminister Frans Timmermans einer der ersten auf Junckers Interview-Liste. Timmermans ist Sozialdemokrat und einer der populärsten Politiker der Niederlande.
Nach Abschluss der Gespräche wird Juncker eine Liste mit den Namen der zukünftigen Kommissare den EU-Staaten vorlegen. Stimmt der EU-Ministerrat zu, will Juncker frühestens Mitte nächster Woche Ressortverteilung bekanntgeben.
Belgien habe nach wie vor keinen Kommissar vorgeschlagen, so die Sprecherin. In dem Land hat sich nach den vergangenen Wahlen noch keine neue Regierung gebildet. Jedes Mitgliedsland entsendet einen Kommissar in das Brüsseler Spitzengremium.
Die Juncker-Kommission wird am 1. November ihre Arbeit aufnehmen. Vorher muss das Europaparlament dem gesamten Kollegium noch zustimmen.