Niederlande Wahlbeteiligung von knapp 75 Prozent erreicht

Die Niederlande wählen ein neues Parlament - und ihre Entscheidung könnte richtungsweisend für Europa sein. Die wohl wichtigste Frage: Wie stark zieht die islamfeindliche Partei des Rechtspopulisten Wilders?

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Wahlberechtigte füllen in Amsterdam Wahlscheine aus. Quelle: dpa

Zum Auftakt des europäischen Superwahljahres haben die Niederländer ein neues Parlament gewählt. Europa blickt vor allem auf das Abschneiden des Rechtspopulisten Geert Wilders, der gegen Muslime Stimmung macht und die Niederlande aus der EU führen will.

Sein Abschneiden könnte auch Hinweise auf die Chancen anderer anti-europäischer Bewegungen und Parteien in der EU geben. Im April/Mai folgt die Präsidentschaftswahl in Frankreich mit Marine Le Pen vom Front National, im September die Bundestagswahl mit der AfD.

Als Favorit ging gleichwohl die rechtsliberale Regierungspartei VVD von Ministerpräsident Mark Rutte ins Rennen. Es galt als sicher, dass die bisher regierende Koalition aus Ruttes Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) und der sozialdemokratischen Partei der Arbeit (PvdA) ihre Mehrheit verlieren wird. Dies liegt vor allem an dem dramatischen Einbruch, der den Sozialdemokraten vorausgesagt wurde.

Eine Beteiligung von Wilders an der künftigen Regierung galt als ausgeschlossen. Fast alle Parteien haben eine Zusammenarbeit mit ihm in einer Koalition abgelehnt. Eine absolute Mehrheit für ihn ist den Umfragen zufolge unerreichbar.

Die Beteiligung an der Abstimmung lag bis zum Abend (19.15 Uhr) deutlich höher als bei der letzten Wahl 2012. Bis dahin gaben nach Angaben des Umfrageinstituts Ipsos 69 Prozent der 13 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Vor fünf Jahren waren es zu diesem Zeitpunkt erst 60 Prozent gewesen, es wurde schließlich eine Wahlbeteiligung von knapp 75 Prozent erreicht.

Die Wahllokale sind bis 21.00 Uhr geöffnet. Unmittelbar danach werden erste Prognosen (Exit-Polls) erwartet.

Wilders sagte am Mittwoch kurz nach seiner Stimmabgabe in Den Haag, selbst wenn seine Partei für die Freiheit (PVV) es nicht schaffen sollte, stärkste Kraft zu werden, habe sie doch gewonnen: „Wir haben dieser Wahl unseren Stempel aufgedrückt. Jeder redet über unsere Themen“, sagte er mit Blick auf die Debatten über Migration, den Islam und die EU.

Nach letzten Umfragen vom Dienstagabend büßte Wilders' Partei - in der nur er selbst Mitglied ist - zuletzt an Zustimmung ein. Sie konnte demnach mit rund 13 bis 14 Prozent rechnen. Die Regierungspartei VVD von Rutte kann demnach leicht von dem heftigen diplomatischen Konflikt mit der Türkei profitieren und liegt nun mit etwa 17 bis 20 Prozent an erster Stelle. Die Wahlforscher betonten jedoch, dass das Rennen noch offen sei.

Auch die Christdemokraten (CDA) und die Linksliberalen (D66) haben nach Einschätzung der Forscher Chancen auf einen Wahlsieg. Ebenfalls gut abschneiden dürften die Grünen.

Eine Rekordzahl von 28 Parteien bewirbt sich um die 150 Sitze in der Zweiten Kammer des niederländischen Parlaments. Nach den Umfragen können bis zu 14 auch tatsächlich ins Parlament einziehen - eine Sperrklausel wie die Fünf-Prozent-Hürde in Deutschland gibt es nicht.

Wilders hatte am Dienstagabend in der Abschlussdebatte des Wahlkampfes erneut bekräftigt, dass der Islam mit allen Mitteln bekämpft werden müsse. „Der Islam ist die größte Bedrohung der Niederlande“, sagte der Rechtsaußen-Politiker. „Die Niederlande müssen wieder uns gehören“, forderte er.

Premier Rutte verteidigte den Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei. Dadurch seien 90 Prozent weniger Asylsuchende in die EU gekommen. Der Premier äußerte sich zuversichtlich, dass die Türkei das Abkommen trotz des heftigen Konfliktes mit EU-Staaten nicht kündigen werde. Der Streit mit der Türkei hatte die Schlussphase des niederländischen Wahlkampfes beherrscht.

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