Als Teil der Anti-IS- Allianz und weil es Angriffe in Syrien und im Irak fliegt, ist Frankreich für den islamistischen Terror ein attraktives Ziel. Dass es immer wieder Frankreich trifft, hat aber tiefergreifende Gründe.
Zum einen die große gesellschaftliche Ungleichheit. In den Fünfzigerjahren warb Frankreich massiv Arbeitskräfte aus Nordafrika an, die für das französische Wirtschaftswunder gebraucht wurden. Bis in die Achtzigerjahre hinein erhielten sie eine Perspektive und gingen in der Masse der Franzosen auf. In dem Maße, in dem die Konjunktur erlahmte, verlangsamte sich dieser Integrationsprozess.
Die Folgen sind heute in den Banlieues, den Vororten Frankreichs, zu beobachten: Hierhin hat es in den vergangenen 30 Jahren die Verlierer der Gesellschaft verschlagen, vor allem die Zuwanderer aus Nordafrika. Im Land der „Egalité“ gibt es für viele von ihnen keine Chancen auf sozialen Aufstieg mehr. Sie sind wirtschaftlich wie sozial abgehängt und mit ihren enttäuschten Erwartungen alleingelassen von der Mehrheitsgesellschaft. Manche resignieren, manche driften ab in kriminelle Milieus, andere in islamistische.
So schützen sich große Flughäfen vor Terror
Die beiden Passagier-Terminals des größten deutschen Flughafens sind über etliche Eingänge frei zugänglich. Außerdem sind zwei Bahnhöfe sowie Hotel- und Kongresszentren mit den Gebäuden verbunden. Der Sicherheitsbereich beginnt erst innerhalb der Terminals hinter den Personenkontrollstellen für den Flugbetrieb.
Davor liegen große Hallen mit Geschäften, Schaltern und Lokalen. Die Polizei überwacht diesen Bereich mit Streifen und Video-Kameras. Wer im Sicherheitsbereich arbeitet, braucht eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, ausgestellt vom Land Hessen.
Quelle: dpa
Nach den Bombenanschlägen in einer Halle des Brüsseler Flughafens Zaventem im vergangenen März wurden dort die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. So wurden zunächst Passagiere und ihr Gepäck bereits am Eingang zu den Terminals erstmals kontrolliert. Wer die Halle betreten wollte, musste seinen Ausweis und ein Flugticket vorzeigen. Nach Protesten von Reisenden in langen Warteschlangen wurden die Maßnahmen nach wenigen Wochen wieder gelockert.
Einlasskontrollen sind an jedem türkischen Flughafen Standard. Schon beim Eintritt ins Gebäude wird das Gepäck geröntgt, also Handgepäck und aufzugebende Koffer. Jeder, der in den Flughafen will, muss durch einen Metallscanner. Nach dem Check-In folgt die zweite Sicherheitskontrolle, die der in Deutschland entspricht und die nur noch Fluggäste passieren dürfen. Beim Check-In muss ein Ausweis vorgelegt werden. Beim Einstieg ins Flugzeug wird der Name auf dem Ausweis dann mit dem auf dem Boarding-Pass abgeglichen.
Wer einen der drei Moskauer Flughäfen betritt, wird schon am Gebäudeeingang kontrolliert: Reisende wie Besucher müssen Handtaschen öffnen, Hosen- und Jackentaschen leeren und durch einen Metalldetektor laufen. Das Hauptgepäck wird von einem Röntgengerät durchleuchtet. In der Wartehalle und vor den Schaltern patrouillieren Wachleute. Nach dem Check-In folgt die eigentliche Flugsicherheitskontrolle.
Am größten Flughafen des Landes in der Hauptstadt Kabul müssen Reisende vor der Ankunft im Terminal durch zwei Autokontrollen samt Sprengstoffspürhunden, drei Ticketkontrollen und fünf Körperkontrollen. Drei oder vier Mal - je nachdem, ob die Geräte gerade funktionieren - muss das Gepäck zum Durchleuchten auf Bänder gewuchtet werden.
Kontrollen beginnen schon bei der Einfahrt auf das Flughafengelände, etwa einen Kilometer vor dem Terminal. Das Personal, das Menschen auf Sprengstoffwesten oder Waffen abtastet, ist aber oft lustlos oder lässt dies ganz sein. Ausländer werden nach Trinkgeld gefragt.
Israels internationaler Flughafen Ben Gurion wird besonders streng geschützt, da das Land seit Jahrzehnten mit einer Terrorbedrohung lebt. Dabei wird ein Ring von Kontrollen eingesetzt, der einer Zwiebel gleicht. Passagiere werden bei der Ankunft im Auto schon Kilometer vor dem Terminal von bewaffneten Sicherheitskräften überprüft. Nach Passieren eines weiteren Wächters am Eingang folgen im kameraüberwachten Terminal selbst eine persönliche Befragung und eine gründliche Untersuchung des Gepäcks mit Durchleuchtungssystemen. Dabei werden Reisende in verschiedene Risikogruppen eingestuft. Bei den Kontrollen geht Sicherheit eindeutig vor Persönlichkeitsrechten - was immer wieder zu Beschwerden vor allem arabischer Reisender führt.
„Potenzielle Attentäter fühlen sich ihrer Familie nicht zugehörig und in der Schule oder im Berufsleben nicht eingebunden“, so der Sozialpsychologe Andreas Zick. Bei Menschen mit solchen Gefühlen trifft die Todesideologie des islamistischen Terrors auf fruchtbaren Boden. „Sie interpretieren ihr Abgehängtsein als religiöse Unterdrückung. Junge Menschen mit Minderwertigkeitskomplexen kompensieren damit ihr ganzes Versagen.“
Durch Freunde, Verwandte, Bekannte und das Internet radikalisieren sie sich weiter, wie Joachim Krause, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Kiel und Direktor des dortigen Instituts für Sicherheitspolitik, sagt. „Dass solche Attentate immer wieder Frankreich und Belgien treffen, hängt mit den starken jihadistischen Milieus dort zusammen, die sich am Rand der Gesellschaft gebildet haben.“ Islamwissenschaftler Buchta spricht in diesem Zusammenhang vom „gesellschaftlichen Sprengstoff“. Und die islamistische Ideologie ist der Zünder.
Ein weiterer Grund dafür, dass es immer wieder Frankreich trifft, sind Mängel im französischen Sicherheitskonzept. „Die französischen Sicherheitsbehörden sind zutiefst gespalten“, sagt Buchta. „Die Gendarmerie und die Police nationale treten als konkurrierende Sicherheitsbehörden auf.“ Informationen werden nicht weitergegeben, Maßnahmen nicht koordiniert. Das reißt Lücken in das engmaschige Sicherheitsnetz, die Attentäter ausnutzen.
Was macht der ständige Terror mit der französischen Gesellschaft?
Mit jedem erfolgreichen Anschlag wird die französische Gesellschaft weiter gespalten. „Der Terror stärkt Kräfte wie den Front National, die generell jeden Muslim verdächtigen“, sagt Krause. Das wiederum sorgt dafür, dass Muslime, die sich von der Gesellschaft ausgeschlossen wähnen, anfälliger für das Gedankengut radikaler Islamisten werden. „Das ist eine gefährliche Spirale.“
Islamistischen Organisationen, allen voran dem IS, spielen die sich verstärkenden gesellschaftlichen Spannungen in die Hände. In einem Klima, das sich generell gegen den Islam richtet, fühlen sich mehr und mehr Menschen gekränkt und werden empfänglicher für die islamistische Ideologie.
Mitunter braucht es dann nicht einmal einen konkreten Auftrag. Immer mehr Täter handeln unabhängig – wie zuletzt etwa in den USA – und schmücken sich lediglich mit der „Marke“ IS, um ihre Tat in einem größeren Kontext einzuordnen. „Zum Teil sind die Täter sich selbst aktivierende Desperados, die aus einem Gefühl der Marginalisierung heraus glauben, das Recht zu haben, sich an der Gesellschaft zu rächen“, sagt Buchta.