Der parteilose Wirtschaftsminister Emmanuel Macron hat gerade seine Bewegung „En Marche!“(„In Bewegung!“) gegründet, mit der er um Mitstreiter „von links und von rechts“ wirbt, um Frankreich von „Blockaden“ zu befreien. Ob die die Bewegung ihm helfen soll, selbst Präsident zu werden, ist noch nicht klar.
Ob aus den „Aufrechten“ eine politische Formation entstehen kann? Ähnlich wie Podemos in Spanien, die sich aus der Bewegung der Empörten über die Sparpolitik nach dem Platzen der Immobilienblase formierte? Kopfschütteln auf der Place de la République. Auch wenn einige sich durchaus bewusst sind, dass sie das bestehende „System“ damit kaum verändern werden. „Angesichts der großen Meinungsvielfalt dort ist es wenig wahrscheinlich, dass sich Nuit Debout in eine politische Partei wandelt,“ glaubt Studentenforscher Morder.
Eines haben die jungen Leute allerdings schon erreicht. Premierminister Manuel Valls hat ihnen staatliche Hilfen für die Zeit zwischen Studienabschluss und dem Antritt einer Arbeitsstelle versprochen – und weitere Steuerstrafen für Arbeitgeber angekündigt, die befristete Verträge abschließen. Zum Ärger des Unternehmerverbands Medef, der nächste Woche seine Kampagne für einen „wahren Dialog“ starten will.
In Frankreich verfestigt sich zunehmend der Eindruck, dass kaum noch jemand Argumente anhören geschweige denn in Erwägung ziehen will, die nicht der eigenen Meinung entsprechen. Egal ob Arbeitsloser, Arbeitnehmer, Schüler, Student oder Arbeitgeber. Dieses Dilemma löst auch Nuit Debout nicht auf. Die Feindbilder sind ungeachtet aller Basisdemokratie klar definiert. Auf dem Programm zum Beispiel gestern: Ein organisierter Ausflug inklusive Pfeifkonzert beim Eintreffen des Wirtschaftsministers vor einer technischen Hochschule im Süden der Stadt. Als Arbeitgeber möchte man sich auf der Place de la République derzeit abends nicht outen.
„Sie wollen gehört werden, aber selbst nicht unbedingt hören, was andere zu sagen haben,“ bedauert Demesmay. „Da sind sie ein Produkt des Systems, das sie nicht in Frage stellen.“ So vergeuden die „Aufrechten“ vermutlich ihre größte Chance: Eine Debatte ohne Scheuklappen anzuzetteln für eine echte Erneuerung der Gesellschaft.