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Nur noch bis Montag EZB-Geld Erste Schritte zur Bankensanierung beschlossen

Mit einem neuen Rettungsplan und ersten Sanierungsschritten bei Banken will Zypern einen Ausweg aus der Schuldenkrise erzwingen. Um einen massenhaften Kapitalexport ins Ausland zu verhindern, soll vorübergehend der Zahlungsverkehr eingeschränkt werden.

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Vor den Geldautomaten von Zyperns Banken bilden sich lange Schlangen. Noch spucken die Automaten Bargeld aus. Die EZB droht nun mit dem Ende der Unterstützung. Quelle: dpa

Am Donnerstagabend wurde ein entsprechendes Gesetz dem Parlament vorgelegt. Darin werden der Finanzminister und der Chef der Zentralbank ermächtigt, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um das Geld im Land zu halten. Die zyprischen Banken sind seit sechs Tagen geschlossen und sollen nach jetziger Planung erst am kommenden Dienstag wieder öffnen. Das Gesetz zum Zahlungsverkehr sollte am Abend vom Parlament verabschiedet werden. Es gilt als sicher, dass größere Beträge nicht ohne Genehmigung der Zentralbank auf unbestimmte Zeit ins Ausland überwiesen werden dürfen.

Eine offizielle Reaktion zu dem Paket von Seiten der EU gab es vorerst nicht. Die Bundesregierung hielt sich bedeckt. Das Finanzministerium in Berlin verwies aber auf die weiterhin geltenden Kriterien: „Dreh und Angelpunkt bei einem Hilfsprogramm für Zypern sind die Schuldentragfähigkeit und die Verringerung der Risiken, die für den Staat aus dem überdimensionierten Bankensektor resultieren.“

Unter massivem Druck der EU hat Zypern eine Alternative für das gescheiterte Rettungspaket vorgelegt. Ein Fonds mit Kapital von Kirche, Rentenkasse und anderen Einrichtungen soll Staatsanleihen ausgeben und so einen eigenen Beitrag zu internationalen Beistandskrediten leisten.

Auf diesen Plan einigten sich die politischen Parteien bei einer Krisensitzung in Nikosia, wie das Büro des zyprischen Präsidenten Nikos Anastasiades mitteilte. Zypern muss eine Eigenleistung von 5,8 Milliarden Euro erbringen. Der geplante Fonds soll mit Geld aus Rentenkassen und der Kirche sowie  anderen Institutionen gebildet werden und zyprische Staatsanleihen ausgeben. Auch die zyprische Zentralbank soll mit ihren Goldreserven dazu beitragen. Damit könnten 4,8 Milliarden Euro zusammenkommen. Der Plan sieht nach noch nicht offiziell bestätigten Informationen zudem eine begrenzte Zwangsabgabe auf Bankeinlagen vor, um die noch fehlende Summe von einer Milliarde Euro zu erreichen. Allerdings sollen nach Medienberichten nur Guthaben über 100.000 Euro belastet werden.

Die Europäische Zentralbank (EZB) will die finanzielle Notversorgung für die vom Kollaps bedrohten Banken in Zypern nur noch bis Montag bereitstellen. Dann werde die Hilfe eingestellt, falls es bis dahin kein internationales Rettungsprogramm für den Euro-Staat gebe, kündigte die Bank am Donnerstag an.

Die in den Sog der Griechenland-Krise geratenen Banken der Mittelmeerinsel sind derzeit auf die Nothilfen der EZB im Rahmen der „Emergency Liquidity Assistance“ (ELA) angewiesen. Die ELA ist im Euro-System für den absoluten Krisenfall als Sicherung eingebaut. Die nationalen Zentralbanken können diese vorübergehend nutzen, wenn es im Bankensektor brennt. Vor allem Irland und Griechenland haben dies exzessiv genutzt. Doch auch Deutschland machte schon Gebrauch davon, um beispielsweise die Krisenbank Hypo Real Estate zu stützen.

Der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) und ehemalige bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) macht sich in der Zypern-Krise wenig Sorgen um deutsche Banken. Quelle: dapd

Anders als bei der regulären Refinanzierung von Geschäftsbanken durch die EZB haften für ELA-Kredite die jeweiligen nationalen Zentralbanken beziehungsweise der Staat - und nicht die Euro-Partner. Mit Zwei-Drittel-Mehrheit im EZB-Rat kann ein ELA-Notprogramm gestoppt werden. Mit dem EZB-Ratsbeschluss zu Zypern steht nun fest, dass die Notenbank dem Land Anfang nächster Woche de facto den Geldhahn zudrehen wird, falls kein Rettungspaket geschnürt ist. Der Streit um eine Beteiligung der Sparer an den Rettungskosten hatte eine Einigung bislang verhindert. Sollte das Notgeld für die zyprischen Banken dennoch weiter fließen, ist es nicht zum Nullzins zu haben: Der Zinssatz für das ELA-Geld liegt stets um einiges höher als der Leitzins, den die Banken in normalen Zeiten zahlen müssen. Wie hoch genau, wird mit der nötigen Diskretion der Zentralbank vertraulich behandelt. Zudem müssen die Finanzinstitute für das ELA-Geld Sicherheiten stellen - allerdings sind diese Papiere zumeist von minderer Qualität als bei Geschäften mit der EZB selbst.

Die wichtigsten Frage und Antworten zu Zypern

Auf Zypern bleiben die Banken aus Furcht vor einem Ansturm der Kunden auch an den kommenden Tagen dicht. Die Entscheidung liege im allgemeinen Interesse, hieß es zur Begründung. Da am Montag Nationalfeiertag ist, werden die Institute damit nicht vor Dienstag kommender Woche wieder öffnen - wann sie tatsächlich wieder geöffnet werden können, blieb zunächst unklar. Überweisungen über Online Banking sind seit vergangenen Samstag nicht möglich. Die Unternehmen werden bald aber Gehälter überweisen müssen, auch müssen beispielsweise Medikamente oder Treibstoffe im Ausland gekauft werden.

Eine Pleite Zyperns hätte für die deutschen Banken nach Verbandsangaben keine gravierenden Folgen. "Für deutsche Kreditinstitute wären die direkten Ausfallfolgen sicherlich verkraftbar", sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, den "Ruhr Nachrichten".

von Tim Rahmann, Saskia Littmann

Auf die Frage, ob die deutsche Politik schnell helfen müsste, um die hiesigen, mit sechs Milliarden Euro in Zypern engagierten Banken zu schützen, sagte er: "Der Ball liegt jetzt in der Hälfte der Zyprer, die schnell deutlich machen müssen, wie sie die Hilfsmaßnahmen der EU durch eigene Anstrengungen unterstützen wollen." Fahrenschon sagte zudem, eine Pleite Zyperns würde das Vertrauen in die Stärke und Leistungsfähigkeit der Europäischen Union beeinflussen. Zypern selbst stelle zwar kein systemisches Risiko dar. Es müssten aber Ansteckungsgefahren vermieden werden.


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