Ölpreis-Rutsch Norwegische Wirtschaftspolitik gerät ins Wanken

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"Der niedrige Ölpreis hat bei allen Problemen auch etwas Gutes"

Ein reinigendes Gewitter?

Ja, das haben wir 1986 schon einmal erlebt. Damals sackte der Erdölpreis von 28 auf 10 Dollar in sehr kurzer Zeit ab. Das war schwer, aber nützlich. Diesmal fiel er von 110 auf 55 Dollar. Das ist schwierig, aber keine Tragödie.

Welchen Staaten der niedrige Ölpreis besonders schadet
Erdölförderung Quelle: dpa
Ölförderung in Saudi-Arabien Quelle: REUTERS
Ölförderung in Russland Quelle: REUTERS
Oman Ölpreis Quelle: Richard Bartz - eigenes Werk. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons
Öl-Leitung im Niger-Delta Quelle: dpa
Ölförderpumpe in Bahrain Quelle: AP
Venezuela Ölförderung Quelle: REUTERS

Welche Folgen hat der niedrige Ölpreis für die Industrie in Norwegen?

Unsere Erdölindustrie wird schrumpfen und schlanker werden müssen. Die Kosten für die Erdölförderung sind in den letzten Jahren geradezu explodiert. Ein Beispiel: Vor zehn Jahren hat ein Bohrschiff etwa 100.000 Dollar am Tag gekostet. Mittlerweile zahlen wir eine halbe Million Dollar. Die Lieferanten und Dienstleister der Erdölindustrie haben im letzten Jahrzehnt viel Geld verdient. Jetzt wird unsere Erdölindustrie leiden. Aber das geht anderen Öl-Nationen nicht anders.

Etwa 250.000 Menschen sind in der Ölindustrie beschäftigt. In einigen Schätzungen heißt es, dass bis zu 40.000 Jobs verloren gehen könnten.

Ja, das ist für die Betroffenen schwierig, aber für die Gesamtwirtschaft kaum ein großes Problem. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Niemand kann derzeit seriös prognostizieren, wie viele Jobs ohne Neubeschäftigung verloren gehen werden. Aber Norwegen ist mehr als die Erdölwirtschaft, die rund ein Drittel der Wirtschaftsleistung ausmacht. Die Öl-Dominanz wird geringer und zeitgleich verbessern sich die Wachstumsbedingungen für andere Wirtschaftsbereiche.

Zum Beispiel?

Die Schwer- und Chemieindustrie wird bedeutender, ebenso die Aluminiumindustrie und die Stromwirtschaft. Norwegen kann seinen eigenen Strombedarf zu über 95 Prozent aus Wasserkraft decken. Auch die Fischerei, Bergbau und Holzindustrie sind noch immer wichtig für uns. Die Ölindustrie hat der gesamten Wirtschaft hochtechnologische Impulse gegeben. Die teure, aber gut gebildete Arbeiterschaft hat den Betrieben Anreize gegeben, sich technologisch zu modernisieren.

Meilensteine der Ölpreisentwicklung

Wie konkurrenzfähig sind diese Wirtschaftszweige?

Sie wird zunehmend konkurrenzfähiger. Der niedrige Ölpreis hat bei allen Problemen eben auch etwas Gutes. Die norwegische Krone ist gegenüber dem Dollar gesunken, dem Euro gegenüber aber weniger. Damit verbessert sich die Konkurrenzfähigkeit vieler Wirtschaftszweige. Wie schon öfters in der Geschichte werden wir uns umstellen müssen. Die norwegische Art des Kapitalismus hat sich durch die Zusammenarbeit von Gewerkschaften, Arbeitgeber und Staat flexibel und umstellungsfähig gezeigt.

Bereitet sich Norwegen auf eine Zeit ohne Öl vor?

So würde ich es nicht formulieren. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Erdölwirtschaft noch viele Jahrzehnte zu unserem Wohlstand beitragen wird. Die Preise und Erträge werden immer wieder schwanken, so wie wir es derzeit erleben.

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