Österreich Das Wirtschaftswahlprogramm ist eine Wundertüte

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Das bedeutet eine FPÖ-Beteiligung für das Image Österreichs

Ob die dynamischen Fernsehbilder, mit denen Kurz das Alpenland derzeit euphorisiert, auch Österreichs Wirtschaft neue Impulse geben, darf mit Blick auf dessen Partei zumindest bezweifelt werden.

Schließlich stellte seine ÖVP seit mehr als drei Jahrzehnten den Wirtschafts- und seit mehr als zehn Jahren auch den Finanzminister. Das traurige Ergebnis: Die Steuer- und Abgabenquote des Landes stieg auf 43 Prozent, die Staatsschulden seit dem Jahr 2000 von 65 Prozent des Bruttoinlandsproduktes auf 86 Prozent.

Zudem hat Kurz zwar auf der Topebene der ÖVP eine Reihe von Posten neu besetzt. Aber schon in der zweiten Reihe sitzen immer noch viele, die über Jahre jede Reform der österreichischen Wirtschaft verhindert haben. „Und mit genau denen werden wir auch weiterhin reden“, kündigte ein einflussreicher Lobbyist in Wien bereits im Wahlkampf an.

Seit seiner Zeit als Außenminister plagiiert Kurz die Forderungen Straches in der Fremdenpolitik und landete mit der Schließung der Balkanroute einen Coup, der sein Image als Hardliner prägte. Wirtschaftspolitisch könnte ein Kopieren der Ideen von Rechtsaußen aber schnell ins Abseits führen. Zusammenfassen lässt sich das Programm Straches mit dem Ruf nach Abschottung. So will die Rechtspartei den heimischen Arbeitsmarkt sowohl für EU- als auch Nicht-EU-Bürger in weiten Teilen abriegeln. Ausländer in Österreich sollen dort nur noch die Sozialleistungen beziehen, die sie auch in ihrer Heimat bekommen würden. Längst haben Sozialdemokraten und die Konservativen von Kurz diese Forderungen für sich entdeckt. Würden sie umgesetzt, wäre das ein weiterer Stoß gegen die europäische Solidarität.

Spannend bleibt auch die Frage, was eine Regierungsbeteiligung der FPÖ für das Image des Alpenlandes bedeuten würde. Bereits bei der Wahl zum Bundespräsidenten im vergangenen Jahr, bei der sich der Grünen-nahe Kandidat Alexander van der Bellen hauchdünn gegen Norbert Hofer  von der FPÖ durchsetzte, musste mancher Unternehmer Kollateralschäden hinnehmen. So beklagte der internationale Holzhändler Andreas Holub, der in Oberösterreich das 12-Mann-Unternehmen HBC Timer Solutions führt, dass drei Kunden wegen des Hypes um Hofer Großaufträge storniert hätten. Fast die Hälfte seines Umsatzes büßte Holub damals ein.

Man darf gespannt sein, wie ausländische Fachkräfte auf einen möglichen Innenminister Strache reagieren werden. Wahlsieger Kurz muss nun entscheiden, ob er das Risiko einer Koalition mit den Freiheitlichen eingeht. Sein Stürmer-und-Dränger-Image kann Kurz nach seinem Wahlsieg jedenfalls wieder aufgeben.

Es wirkt ohnehin wie ein Anachronismus: Denn mit der österreichische Wirtschaft ging es zuletzt auch ohne einen Kanzler Kurz wieder aufwärts. Nach einem Wachstum von 1,5 Prozent im vergangenen Jahr könnte die Volkswirtschaft der Alpenrepublik im laufenden Jahr um zwei Prozent und 2018 um 1,8 Prozent wachsen, erwartet das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). Eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen ist in diese Prognose allerdings nicht eingepreist.

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