Österreich-Wahl Eisiger Wind im Alpenland

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Kurz’ Wahlprogramm ist unseriös

Immerhin: Mit der österreichischen Wirtschaft ging es zuletzt wieder aufwärts. Nach einem Wachstum von 1,5 Prozent im vergangenen Jahr könnte die Volkswirtschaft der Alpenrepublik im laufenden Jahr um zwei Prozent und 2018 um 1,8 Prozent wachsen, erwartet das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). Hauptstütze der Konjunktur ist bislang vor allem die Binnennachfrage. In den kommenden Jahren dürfte aber auch der Außenhandel wieder stärker zum Wachstum beitragen. Die Arbeitslosenquote dürfte leicht auf 5,9 Prozent sinken.

Allein: Österreichs Wirtschaft entfaltet seine Dynamik nicht wegen, sondern trotz der Politik der Regierung, vor allem mit Rückenwind anderer europäischer Länder. „Wie kräftig könnte unsere Konjunktur erst mit einer vernünftigen Reformpolitik wachsen“, sagt Stefan Pierer, Vorstandschef des österreichischen Motorradherstellers KTM. So ist die Verschuldung des Acht Millionen-Einwohner-Landes in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen: auf 84 Prozent der Wirtschaftsleistung. In kaum einem Land der Europäischen Union gehen die Menschen so früh in Rente wie in Österreich; die Abgabenquote ist mit 43 Prozent eine der höchsten der EU, die Arbeitsgesetze mit die rigidesten. Die Unternehmen ertrinken förmlich in einem Wust aus Gesetzten und Vorschriften. Die große Koalition hat in den vergangenen Jahren so ziemlich alles liegen gelassen, was man liegen lassen konnte.

Als Außenminister war der mögliche nächste Kanzler Kurz jahrelang Teil der Regierung und weiß darum genau um den Stillstand im Land. Im Wahlkampf gerierte sich der 31-Jährige dann auf einmal als der große Reformer. Unternehmen und Familien verspricht Kurz großzügige Steuerentlastung im hohen einstelligen Milliarden-Euro-Bereich. Im Förderwesen will der ÖVP-Politiker fünf Milliarden einsparen. Egal auf welchem Feld, die Summen, die Kurz verspricht, sind stets höher als die der anderen Partei. Experten halten Kurz’ Wahlprogramm denn auch schlicht für unseriös. Die Berechnungen der Sozialdemokraten für eine Steuerreform etwa sind weitaus realistischer. Und ob Straches Anti-Globalisierungskurs dem Land mit seinen vielen Weltmarktführern gut tut, bliebt abzuwarten. Sollte Kurz denn wirklich Kanzler werden, sollten sich die Österreicher darum auf manche Enttäuschung einstellen.

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