Einer, der das ändern will, ist Chemiker Jaroslaw Rogoza. Seit fünf Jahren baut er für den polnischen Chemiekonzern Synthos in Oswiecim die Forschungs- und Entwicklungsabteilung auf – einen Bereich, den es bis dahin nicht gegeben hatte. „Im Kern haben sie damals mit alten Technologien dieselben Produkte wie in den Jahrzehnten zuvor hergestellt“, Klebstoffe und Reifen vor allem. Es habe ewig gedauert, um Innovationen einzuführen und die Fertigung effizienter zu gestalten. Wer heute zu Rogoza will, muss vorbei an den Relikten der alten Zeit: zerfallene graue Fabrikhallen, verbunden mit kaum isolierten und meist rostigen Rohren, drei Kilometer hinein ins Innere des größten polnischen Chemiekonzerns. Dort steht das Forschungs- und Entwicklungszentrum auf zwei Etagen, in dem Rogoza heute immerhin 45 Mitarbeiter beschäftigt.
Synthos ist eines der wenigen Unternehmen in Polen, die im großen Stil in Forschung und Entwicklung investieren. Vom Niveau deutscher Wettbewerber wie Henkel oder Lanxess, gibt Rogoza offen zu, sei man hier noch weit entfernt – aber auf einem guten Weg. Schritt für Schritt habe er die Zahl der Patente gesteigert, die Entwicklungszeit beschleunigt. Heute forscht sein Team an Klebstoff, der Ikea-Möbel zusammenhält – oder an der Konsistenz von Reifenprofilen.
Nur die halbe Miete
Modern wirkt das Forschungszentrum des Mittvierzigers – aber das ist nur die halbe Miete für ihn. „Staatliche Initiativen sind wichtig, wenn Polen innovativer werden will“, sagt der Chemiker, der lange Zeit beim britischen Pharmahersteller Glaxosmithkline tätig war. Hierfür brauche es eine Hochschulreform, denn es hapere an der Kommerzialisierung von universitären Erfindungen. „An den Universitäten ordnen sie die Prioritäten falsch“, sagt er. Es gehe erst um die Lehre, dann ums Publizieren, und erst an dritter Stelle stehe die Forschung. „Wir picken uns von den Unis nur die Kreativsten heraus, die Praxis müssen sie bei uns lernen“, sagt der Forscher.
Das Bildungswesen, so viel steht für viele Unternehmer in Polen fest, muss der Staat fundamental verbessern. EU-Fördermittel, die bisher eher in den Straßenbau flossen, könnten dabei helfen. Sicher ist, dass die Reformer nach Tusk dickere Bretter bohren müssen. Denn nur mit mehr Innovation schafft Polen den Sprung vom Niedrigkostenland zu einer Technologie-Ökonomie, die auch die dringend benötigten hoch qualifizierten Jobs schafft.