Otmar Issing Jeder in Europa muss sich selbst helfen

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Großbritannien drängt Europa zur Einigkeit

Die zehn größten Euro-Lügen
Ex-EZB-Chef Jean-Claude Trichet Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dpa
Giorgios Papandreou Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dapd
Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker Quelle: dapd
Angela Merkel mit Draghi Quelle: dapd
Mariano Rajoy Quelle: REUTERS

Die politische Union ist eine Vision für die künftige Gestalt Europas, genauer der Länder, die sich diesem Ziel verschreiben wollen. Sie als entscheidende Option für die Lösung der aktuellen Krise der Währungsunion zu sehen entbehrt jeder Logik. Und eher unter die Kategorie Absonderlichkeiten ist zu zählen, wenn aus Sorge um die eigene Konjunktur die Währungsunion von außen bedrängt wird, diesen Schritt genau aus diesem Grund zu vollziehen. Die anstehende Präsidentenwahl in den USA kann doch wohl kein Argument dafür sein. Amerika sollte aus seiner eigenen Geschichte wissen, wie lang und schmerzhaft der Weg zur stabilen Staatlichkeit ausfallen kann. Und geradezu grotesk wird das Drängen in diese Richtung aus Großbritannien, einem Land, das sich solchen Vorstellungen aus durchaus nachvollziehbaren Gründen nicht nur strikt verschließt, sondern selbst immer stärker die Rolle des Außenseiters einnimmt. Mit Juvenal möchte man sagen: Difficile est satiram non scribere. (Es ist schwer, keine Satire zu schreiben.)

Geld gegen Versprechen

Aber könnte nicht allein schon die Aussicht auf die engere politische Integration einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung der Krise der Währungsunion leisten? Nachdem niemand ernsthaft an einen Abschluss binnen weniger Jahre glauben kann, zeigt sich hier die problematische, ja gefährliche Seite solcher Vorstellungen. Hinter einer mehr oder weniger »europafreundlichen« Rhetorik steht das Begehren, mit Verweis auf die Absicht, den Weg in die politische Union zu gehen, grundsätzliche, wenn nicht unbegrenzte Finanzhilfen zu fordern.

Die Devise »Geld heute gegen das Versprechen einer politischen Union morgen« entlarvt sich jedoch bei näherem Hinsehen rasch als Falle. Mit der tatsächlichen Bereitschaft, die nationale Souveränität aufzugeben, ist es in den meisten Fällen nicht weit her. Und die maßlose Ausweitung der Finanzhilfen befördert nicht gerade den Reformwillen in den Krisenländern, während der daraus zwangsläufig folgende Zinsanstieg in den Geberländern dem europäischen Integrationsgedanken einen tödlichen Schlag versetzen könnte. Wie kann man den Bürgern in den bisher noch einigermaßen finanzpolitisch soliden Länden den Weg zur europäischen Staatlichkeit unter diesen Umständen als Fortschritt preisen?

Eurobonds unterschlagen Integrität stabiler Staaten

Eine »Fiskalunion« lässt sich nur bei entsprechender Übertragung der finanzpolitischen Souveränität auf die europäische Ebene, also innerhalb einer politischen Union, verwirklichen. Auf kaum absehbare Zeit stehen finanzielle Hilfen im Rahmen einer reinen »Transferunion« vor der kaum überwindbaren Hürde der notwendigen demokratischen Legitimierung. Eurobonds, also Anleihen einzelner Mitgliedsländer der Währungsunion, für die alle gemeinsam haften, untergraben die finanzpolitische Integrität der (bisher) solideren Länder. Die daraus resultierenden höheren Zinsen etwa für deutsche Staatsanleihen verkörpern einen Transfer von Geld der deutschen Steuerzahler an die Länder, die mit sinkenden Zinsen profitieren. Dies geschähe ohne demokratische Legitimierung - ein krasser Verstoß gegen das fundamentale Prinzip »no taxation without representation«.

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