Pariser Terroranschläge Abdeslam soll Prozess gemacht werden

Nach vier Monaten auf der Flucht wurde der Hauptverdächtige im Zusammenhang mit den Pariser Anschlägen vom November in Brüssel gefasst. Frankreich will die Auslieferung von Salah Abdeslam beantragen, damit ihm der Prozess gemacht werden kann.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der mutmaßliche Paris-Attentäter Salah Abdeslam Quelle: AP

Französische Richter könnten bereits an diesem Wochenende bei der belgischen Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Auslieferung des am Freitag gefassten Terrorverdächtigen Salah Abdeslam einreichen. Der 26-Jährige wurde am Samstag gemeinsam mit einem mutmaßlichen Komplizen aus einem Brüsseler Krankenhaus entlassen, wie Bürgermeister Yvan Mayeur über Twitter mitteilte. Beide waren am Freitag verletzt worden, als sie von der Polizei festgenommen worden waren.

Abdeslam will nach Angaben seines Anwalts aber gegen seine Auslieferung von Belgien an Frankreich kämpfen. „Wir werden die Auslieferung ablehnen“, sagte Abdeslams Verteidiger Sven Mary am Samstag. Er äußerte sich nach einem Treffen mit seinem Mandanten und einem belgischen Untersuchungsrichter, der darüber entscheiden wird, ob Haftbefehl gegen Abdeslam erlassen wird.

Abdeslam und vier weitere Personen wurden bei einer Großrazzia in Brüssel in Gewahrsam genommen. Drei davon gehörten zu einer Familie, die dem 26-Jährigen Unterschlupf geboten haben soll. Abdeslam wurde ins Bein geschossen und kam ins Krankenhaus. Über die Identität des mutmaßlichen Komplizen, der festgenommen wurde, ist sich die Staatsanwaltschaft nicht sicher.

Abdeslam war laut Behördenangaben seit seiner Kindheit mit dem mutmaßlichen Drahtzieher der Pariser Anschläge vom 13. November, Abdelhamid Abaaoud, befreundet. Sein Bruder Brahim gehörte zu den Selbstmordattentätern, die sich in die Luft sprengten. Bei den Attacken auf Cafés, ein Rockkonzert und das französische Nationalstadion starben insgesamt 130 Menschen. Zu der Terrorserie bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat.

Abdeslam wurde im Brüsseler Stadtteil Molenbeek in Gewahrsam genommen. Die Festnahme sei ein „großer Schlag“ für die IS-Terrormiliz in Europa, sagte Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve am Samstag. Er warnte aber, dass die Gefahr neuer Anschläge weiter „äußerst hoch“ sei. Belgiens Ministerpräsident Charles Michel sagte, „der Kampf ist nicht vorbei“. Die belgische Regierung gab bekannt, dass die Terrorwarnstufe des Landes unverändert bei drei auf einer Vier-Punkte-Skala bleibe.

Abdeslam soll von belgischen Ermittlern befragt werden, sobald Ärzte ihn dazu für fit genug befinden. Möglicherweise sind dabei auch französische Behördenvertreter anwesend. Nach Angaben des belgischen Staatsanwalts Eric Van der Sypt hat ein Untersuchungsrichter nach der Festnahme 24 Stunden Zeit, um einen Haftbefehl zu erlassen. Doch könne diese Frist um einen weiteren Tag verlängert werden. Anschließend muss Abdeslam vor einem Gericht erschienen, das darüber entscheiden wird, ob er bis zu einen weiteren Monat in Haft bleibt.

„Wenn er anfängt zu reden, dann nehme ich an, dass das bedeuten wird, dass er länger in Belgien bleibt“, sagte Van der Sypt über Abdeslam. Doch „früher oder später wird er an Frankreich ausgeliefert“. Ministerpräsident Michel sagte am Samstag, dass seine Regierung keine „politischen Einwände“ dagegen habe, Abdeslam den Franzosen zu übergeben. Doch wolle man das belgische Justizverfahren respektieren, das „mindestens ein paar Wochen“ dauern könne.

Französische und belgische Anti-Terror-Staatsanwälte wollten am Samstag eine Telefonkonferenz abhalten, bei der unter anderem über Abdeslams Auslieferung gesprochen werden sollte, wie ein Sprecher der belgischen Staatsanwaltschaft, Thierry Werts, sagte.

Abdeslam war kurz nach den Anschlägen bei einer Verkehrskontrolle an der französisch-belgischen Grenze aufgefallen. Das Auto war zuvor nahe einem der Pariser Tatorte gesehen worden. Die Beamten ließen ihn aber ziehen, weil sie noch keine entsprechenden Anweisungen hatten. Im Anschluss wurde international nach ihm gefahndet. Er und ein weiterer Festgenommener wurden nach Angaben der belgischen Staatsanwaltschaft am 3. Oktober auch in Ulm angehalten.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%