Parlamentswahlen im Juni Wie politische Gegner Macron noch schaden können

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Die alles entscheidende Frage

Wie könnte die Mandatsverteilung aussehen?

Eine sehr optimistische Umfrage des französischen Meinungsforschungsinstituts Opinionway vom 3. Mai geht davon aus, dass „En marche!“ 249 bis 286 Abgeordnetenmandate erringen könnte. Die absolute Mehrheit liegt bei 289. Das wäre also womöglich knapp daneben, aber keine schlechte Ausgangslage für die Mehrheitsbeschaffung. Der rechtsextreme FN käme dagegen lediglich auf 15 bis 25 Sitze, würde aber erstmals immerhin Fraktionsstärke erreichen.

Bisher ist der FN im Parlament mit lediglich zwei Abgeordneten vertreten. Das liegt am französischen Mehrheitswahlrecht und der Tatsache, dass Sozialisten und Konservative bisher meist ihre Kräfte bündelten, um in der Stichwahl den FN vor den Toren zu halten. Die Sozialisten - nach der Wahl von François Hollande vor fünf Jahren noch mit der absoluten Mehrheit im Parlament ausgestattet - würden laut Opinionway extrem geschwächt mit lediglich 28 bis 43 Mandatsträgern in die Assemblée Nationale einziehen. Auch die Links-Partei „aufsässiges Frankreich“ könnte demnach nicht von der großen Sympathie profitieren, die ihren Kandidaten Jean-Luc Mélenchon bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl immerhin auf Platz vier hievte: Sie käme nur auf sechs bis acht Mandate. Die konservativen Republikaner und ihre Verbündeten von der zentralistischen UDI dagegen könnten derweil 200 bis 210 Parlamentarier stellen.

Eine andere Rechnung, die Ergebnisse der ersten Präsidentschafts-Wahlrunde auf die Parlamentswahl extrapoliert, zeigt dagegen ein anderes, beunruhigendes Bild: Demnach käme „En marche!“ auf 200 bis 230 Sitze, die Republikaner und UDI auf 135 bis 165. Der FN würde 50 bis 70 Abgeordnete stellen, die Sozialisten 40 bis 60, die Linkspartei 20 bis 50. Der Rest bleibt ungewiss. Eine solche Situation würde Macron dazu zwingen, mit wechselnden Mehrheiten zu regieren und womöglich Kompromisse zu schließen, die sein Programm torpedieren.

Wie hoch ist die Bereitschaft von Politikern anderer Parteien, mit Macron zu kooperieren?

Das ist vermutlich die alles entscheidende Frage. Die Antwort für den FN dürfte einfach sein: Dort ist die Bereitschaft gleich Null. Die Republikaner sind gespalten. Politiker des rechten Parteiflügels wie François Baron, der sich Hoffnungen auf das Amt des Premierministers macht, wollen einen strikten Oppositionskurs fahren. Gemäßigtere wie Bruno le Maire und Nathalie Kosciusko-Morizet, die beide selbst Präsidentschaftsambitionen hatten, und auch der Präsident der südfranzösischen Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, Christian Estrosi, wollen dagegen auf Macron zugehen. Nach der schmerzhaften Niederlage ihres von Skandalen geplagten Kandidaten François Fillon in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl sind die Republikaner in einer Orientierungsphase. Noch ist nicht klar, ob sie sich eher auf die politische Mitte zubewegen oder weiter nach rechts.

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