
Den zähen Streit um die deutsche Pkw-Maut soll nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Die geplante Abgabe stelle eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer dar, erklärte die EU-Kommission. Sie habe daher beschlossen, vor den EuGH zu ziehen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) begrüßte, dass damit bald Klarheit herrschen werde.
Die EU-Kommission hatte im Juni 2015 ein Verfahren wegen Verletzung von EU-Recht eingeleitet. Aus ihrer Sicht werden Ausländer benachteiligt. Zwar sollen sowohl In- als auch Ausländer die deutsche Maut zahlen müssen. Doch allein Inländer würden im Gegenzug bei der Kfz-Steuer entlastet, und zwar ganz genau in Höhe der Mautgebühren.
Zudem seien die Preise für Kurzzeitvignetten – für Zeiträume unter einem Jahr – in einigen Fällen unverhältnismäßig hoch, erklärte die Brüsseler Behörde weiter. Diese Vignetten soll es für in anderen Ländern zugelassene Fahrzeuge geben.
Was bei der Pkw-Maut auf die Autofahrer zukommt
Deutsche sollen für das knapp 13.000 Kilometer lange Autobahnnetz und das 39.000 Kilometer lange Netz der Bundesstraßen Maut zahlen. Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf den Autobahnen.
Alle inländischen Autobesitzer müssen eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird. Sie richtet sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos. Im Schnitt kostet sie 74 Euro, maximal 130 Euro. Benziner sind günstiger als Diesel.
Für Ausländer gibt es neben der genauso berechneten Jahresmaut auch zwei mögliche Kurzzeittarife: Eine Zehn-Tages-Maut für 2,50, 4, 8, 14 oder 20 Euro sowie eine Zwei-Monats-Maut für 7, 11, 18, 30 oder 40 Euro.
Inländer sollen für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer wieder entlastet werden - auf den Cent genau. Bei besonders schadstoffarmen Autos (Euro 6) soll die Steuer nun sogar stärker sinken als es dem zu zahlenden Mautbetrag entspricht.
Mautpflichtig sind auch Wohnmobile. Motorräder, Elektroautos, Wagen von Behinderten und Krankenwagen sind mautfrei.
Statt an Klebe-Vignetten sollen Mautzahler über das Nummernschild ihres Autos zu erkennen sein. Kontrolliert werden soll dies in Stichproben durch einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich. Daten sollen nur hierfür erfasst und schnell wieder gelöscht werden.
Wer keine Maut zahlt und erwischt wird, muss eine Geldbuße zahlen. Eine genaue Höhe nennt der Gesetzentwurf vorerst nicht. Geldbußen sollen auch im Ausland eingetrieben werden.
Inländer, die nachweisen wollen und können, dass sie in einem Jahr nicht auf Autobahnen und Bundesstraßen gefahren sind, können die Maut zurückfordern. Nachweis könnte ein Fahrtenbuch sein.
Wenn die Maut umgesetzt werde, würde sie de facto dazu führen, dass ausschließlich deutsche Autohalter von der Straßennutzungsgebühr befreit seien, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Sie gab sich aber gesprächsbereit. „Wir werden weiter in engem Kontakt mit den deutschen Behörden bleiben, damit eine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann.“
In den vergangenen Monaten waren immer wieder Schriftsätze zwischen Brüssel und Berlin hin und her gegangen. Trotz zahlreicher Kontakte mit den deutschen Behörden seien die Bedenken aber nicht ausgeräumt worden, teilte die EU-Kommission mit.
„Endlich macht die Kommission den nächsten Schritt im Streit um die Infrastrukturabgabe“, sagte Bundesverkehrsminister Dobrindt. „Die Entscheidung ist längst überfällig. Brüssel hat das Verfahren schon viel zu lange verzögert.“
Der Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof werde bestätigen, dass die Infrastrukturabgabe europarechtskonform sei, sagte Dobrindt weiter. „Deutschland erwartet jetzt ein zügiges Verfahren, damit die Infrastrukturabgabe anschließend technisch umgesetzt werden kann.“
Dass kein Inländer extra belastet werden darf, ist im schwarz-roten Koalitionsvertrag verankert. Das heiß umkämpfte Prestigeprojekt der CSU ist seit inzwischen einem Jahr beschlossen und im Gesetzblatt besiegelt. Die Autobahnen und Bundesstraßen der Republik sind für Pkw aus dem In- und Ausland aber immer noch gratis.
Nach europäischem Recht dürfen EU-Staaten Straßenbenutzungsgebühren für Lkw und Pkw einführen. „Eine Straßennutzungsgebühr ist nur dann EU-rechtskonform, wenn sie nicht auf Grund der Staatsangehörigkeit diskriminiert“, hatte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc aber bereits bei der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens im Jahr 2015 gesagt.
Dobrindt hatte bereits in der Vergangenheit gegen Brüssel immer wieder auf der Rechtmäßigkeit der Regelung beharrt.