Pläne von EU-Gesundheitskommissarin Kyriakides Nach dem EU-Plastikverbot: Auch dem Kaffeebecher aus Bambus droht das Aus

Das Ende des nachhaltigen Bambus-Kaffeebechers? Quelle: Getty Images

Vorstoß aus Brüssel: Die EU-Kommission will alle Arten von Verpackung und Geschirr regulieren. Manche alternativen Materialien bergen Gesundheitsrisiken.

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In Zeiten der Pandemie registrieren Lieferdienste von Essen Bestellrekorde. Über 16 Millionen Deutsche lassen sich jeden Monat fertig gekochte Gerichte nach Hause kommen, ermittelte die Verbrauchs- und Medienanalyse (VuMA) Studie. Auch der Kaffee zum Mitnehmen bleibt beliebt in einer Zeit, in der Spaziergang das Sozialleben in der Kneipe ersetzt.

Während Gastronomen froh sind, wenigstens einen Teil ihres gewohnten Umsatzes zu machen, warnen Umweltschützer vor einem Müllberg. Um die Folgen des Mitnahme-Konsums einzudämmen, hatte die EU schon vor zwei Jahren ein Verbot von Plastik beschlossen. Ab diesem Juli darf in der EU kein Einwegbesteck und –geschirr mehr produziert werden. Nun geht Brüssel einen Schritt weiter. Die EU-Kommission will alle Materialien regulieren, die mit Essen in Berührung kommen. Die Beamten von EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides arbeiten an einem Gesetzesentwurf, der 2022 vorgelegt werden soll.

Ganz konkret könnten die Tage des Kaffeebechers aus Bambus gezählt sein, denn manche der Plastik-Alternativen, die Hersteller auf den Markt bringen, sind gesundheitsschädlich. Kaffeebecher aus Bambusfasern oder Maismehl enthalten nach Angaben des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) oft Kunststoffe wie Melamin-Formaldehyd-Harze. Bei höheren Temperaturen können gesundheitlich bedenkliche Mengen davon in Lebensmittel übergehen, etwa wenn heiße Getränke wie Kaffee oder Tee eingefüllt oder Speisen in der Mikrowelle erhitzt werden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte deshalb schon in Deutschland ein Verbot für Kaffeebecher aus Bambus-Kunststoffgemischen gefordert.

Doch solche nationalen Alleingänge sind nach Ansicht der EU-Kommission keine Lösung, sie bevorzugt eine einheitliche Regulierung für ganz Europa. Schon jetzt unterschieden sich die Regeln in den Mitgliedsstaaten. „Dabei werden EU-Bürger unterschiedlich geschützt und für Unternehmen entstehen unnötige Belastungen“, heißt es in der Gesetzesfolgenabschätzung der EU-Kommission. Internationale Standards fehlen nach Angaben der EU-Kommission. Versuche der Industrie, sich selbst zu regulieren, hätten bisher keine befriedigenden Ergebnisse gebracht.

Die bestehenden EU-Regeln würden Risiken nicht ausreichend priorisieren, heißt es in dem Papier weiter. Eine Positiv-Liste mit erlaubten Materialien hält die EU-Kommission für keine gangbare Lösung: „Es würde etwa 500 Jahre dauern, um alle Substanzen untersuchen.“

Um die Gesundheit zu schützen und den Binnenmarkt zu stärken seien deshalb neue Regeln notwendig. Die EU-Kommission hat noch nicht abschließend entschieden, ob sie eine Verordnung aus dem Jahr 2004 modernisieren will oder eine neue Verordnung einführen will. Die Beamten von Kommissarin Kyriakides prognostizieren schon einmal, dass die Kosten für Gseundheitsausgaben sinken würden, weil Krankheiten wie Krebs zurückgehen würden.

Voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 will die EU-Kommission zu dem Thema eine öffentliche Konsultation starten. Betroffen sei ein Sektor mit einem Umsatz von 100 Milliarden Euro im Jahr.

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