
Die Flüchtlingskrise hat bereits zum langsamen Zerfall der Europäischen Union geführt. Schließlich, am 23. Juni, trug sie zu einem noch größeren Unheil bei: Brexit. Diese beiden Krisen haben fremdenfeindliche, nationalistische Bewegungen auf dem gesamten Kontinent gestärkt.
Sie werden im kommenden Jahr anstreben, eine Reihe wichtiger Wahlen zu gewinnen – unter anderem die Nationalwahlen in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland 2017, am 2. Oktober ein Referendum zur Flüchtlingspolitik in Ungarn, am selben Tag eine Wiederholung der österreichischen Präsidentschaftswahl und ein Verfassungsreferendum in Italien im Oktober oder November dieses Jahres.
Statt sich zur Abwehr dieser drohenden Gefahr zusammenzuschließen, wurden die EU-Mitgliedsstaaten zunehmend unwillig, miteinander zu kooperieren. Sie verfolgen eigennützige, gegensinnige Migrationspolitiken, häufig zum Nachteil ihrer Nachbarn. Unter diesen Umständen ist in der nahen Zukunft keine umfassende und kohärente europäische Asylpolitik möglich, trotz der Bemühungen der Europäischen Kommission. Es mangelt am notwendigen Vertrauen für die Zusammenarbeit. Dieses wird in einem langen und arbeitsintensiven Prozess wiederhergestellt werden müssen.
Dies ist bedauerlich, denn eine umfassende Politik sollte für die europäischen Staatschefs die höchste Priorität bleiben; die EU kann ohne sie nicht überleben. Die Flüchtlingskrise ist kein einmaliges Ereignis; als Folge zahlreicher Ursachen wie unter anderem demografischen und wirtschaftlichen Ungleichgewichten zwischen Europa und Afrika, nicht endenden Konflikten in der gößeren Region sowie dem Klimawandel, verheißt sie für die absehbare Zukunft einen Zeitraum erhöhten Migrationsdrucks.
Sogenannte „Beggar-Thy-Neighbor“-Haltungen in der Migrationspolitik, beispielsweise das Errichten von Grenzzäunen, werden nicht nur die EU weiter fragmentieren; sie üben zudem einen erheblich schadhaften Einfluss auf europäische Wirtschaftssysteme aus und untergraben globale Menschenrechtsnormen.
Wie sähe ein umfassender Ansatz aus? Er würde ein garantiertes Ziel von jährlich mindestens 300.000 Flüchtlingen festlegen, die aus dem Mittleren Osten direkt und sicher nach Europa umgesiedelt werden – eine Gesamtzahl, der Länder in anderen Teilen der Welt hoffentlich entsprechen werden. Dieses Ziel sollte groß genug sein, um echte Asylbedürftige zu überzeugen, nicht ihre Leben bei der Überquerung des Mittelmeers zu riskieren, insbesondere wenn das Erreichen Europas auf irregulären Wegen sie davon ausschließt, als rechtmäßige Asylbewerber anerkannt zu werden.
So viel Geld bekommen Flüchtlinge in den europäischen Ländern
800 Euro zahlt das Land im Monat pro Flüchtling. Die Summe muss allerdings versteuert werden.
Quelle: EU-Kommission / Frontex, Stand: 18. September 2015
Die Spanne, die der Inselstaat für einen Asylbewerber zahlt, liegt zwischen 85 und 452 Euro pro Monat.
400 Euro pro Flüchtling / Monat.
352 Euro pro Flüchtling / Monat.
330,30 Euro pro Flüchtling / Monat.
zwischen 85 und 290 Euro pro Flüchtling / Monat.
zwischen 176 und 276 Euro pro Flüchtling / Monat.
232 Euro pro Flüchtling / Monat.
225 Euro pro Flüchtling / Monat.
187 Euro pro Flüchtling / Monat.
177 Euro pro Flüchtling / Monat.
66 Euro pro Flüchtling / Monat.
33,23 Euro pro Flüchtling / Monat.
20 Euro pro Flüchtling / Monat.
18 Euro pro Flüchtling / Monat.
12 Euro pro Flüchtling / Monat.
0 Euro pro Flüchtling / Monat.
Dies könnte für Europa als Ausgangsbasis dienen, um den wichtigsten Flüchtlingsaufnahmeländern außerhalb Europas ausreichende Finanzmittel bereitzustellen und in diesen Ländern Bearbeitungszentren aufzubauen; um einen wirksamen Grenz- und Küstenschutz der EU zu errichten; um gemeinsame Normen für die Abwicklung und Eingliederung von Asylbewerbern und für die Rücksendung jener, die nicht anerkannt werden, zu schaffen; und um die Dublin-III-Verordnung neu zu verhandeln, damit die Asyllast innerhalb der EU gerechter verteilt werden kann.
Die derzeitige fallweise Beantwortung der Krise, die in der Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei zur Eindämmung von Flüchtlingsströmen im östlichen Mittelmeerraum kulminierte, leidet unter vier grundlegenden Mängeln: Erstens ist sie nicht wirklich europäisch; die Vereinbarung mit der Türkei wurde von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgehandelt und Europa aufgezwungen. Zweitens ist die Gesamtaktion ernsthaft unterfinanziert.
Drittens wurde Griechenland damit de facto zu einer Zwangsunterkunft mit unzulänglichen Einrichtungen. Und zu guter Letzt fehlt die Freiwilligkeit: Es wird versucht, Quoten einzuführen, welche viele Mitgliedsstaaten energisch ablehnen, und von Flüchtlingen wird verlangt, sich in Ländern niederzulassen, in denen sie nicht willkommen sind und in die sie nicht gehen wollen, wohingegen andere, die Europa auf irregulären Wegen erreicht haben, in die Türkei zurückgeschickt werden.