Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Ministerpräsidentin Beata Szydlo bemühen sich um die Rückkehr zum einst ungetrübten deutsch-polnischen Verhältnis. Nach dem Antrittsbesuch von Polens neuer nationalkonservativer Regierungschefin am Freitag in Berlin, hoben beide Politikerinnen die Gemeinsamkeiten hervor und vermieden weitgehend kritische Themen. Sie kündigten deutsch-polnische Regierungskonsultationen an und drückten ihre Freude über das 25-jährige Bestehen des Nachbarschaftsvertrags aus.
Merkel ging nicht auf umstrittene Verschärfungen für das polnische Verfassungsgericht und Medienrecht ein. Szydlo wiederholte nicht ihre Äußerung in der „Bild“-Zeitung, dass in Deutschland die Lage durch die Flüchtlingskrise außer Kontrolle geraten sei.
Merkel nahm einen Vorschlag Szydlos zu einem gemeinsamen Hilfsprojekt - etwa den Bau eines Krankenhauses - für Flüchtlinge in der Nachbarregion Syriens auf. Szydlo sprach von einem Signal in der EU. Sie betonte, dass Deutschland ein sehr wichtiger Nachbar und Partner Polens sei. Und: „Das wichtigste ist, dass wir zusammen zur Stärkung der Europäischen Union beitragen können.“ Die EU solle mit einer Stimme sprechen, niemand wolle ein Teilung der EU.
Zuvor hatte Szydlo in der „Bild“-Zeitung eine Kehrtwende der EU in der Flüchtlingspolitik gefordert. Europa stehe vor einer der größten Herausforderungen. „Es zeigt sich, dass der eingeschlagene Weg nicht weiterführt.“ Die Lage an den EU-Außengrenzen „und auch in Deutschland ist außer Kontrolle geraten“.
Wissenswertes über Polen
Nicht selten kommt es in Polen vor, dass zum gemeinsamen Abendessen auch mal ein Wodka serviert wird. Aber keine Sorge, wer als Ausländer nicht gerne starken Alkohol trinken möchte, kann auch zu einem Bier greifen. Das gibt es in Polen in allen Varianten und Geschmacksrichtungen, zum Beispiel gemixt mit süßem Sirup.
Nicht nur die. In dem osteuropäischen Land gibt es EU-weit die meisten verschiedenen Pflanzen- und Tierarten, die aus anderen Teilen Europas zum Teil schon lange verdrängt wurden. Nicht nur der Braunbär und der Wolf sagen sich hier gute Nacht, sondern auch der Luchs, der Elch, der Biber und das Wisent.
Auch wenn es langsam aus der Mode kommt: Der Handkuss ist in Polen eine weit verbreitete Begrüßung für die Damen. Selbst eingefleischte Vertreter der Emanzipation werden bei dieser altmodischen Geste nicht protestieren, sondern den Handkuss in bester Manier graziös und mit der Handinnenseite zum Boden entgegennehmen.
Kaum eine Sprache ist so kompliziert wie die polnische. Allein die Aussprache des Worts "czesc" (hallo) birgt so seine Tücken. Wer fröhlich seine Arbeitskollegen grüßen will, könnte bei falscher Aussprache Verwirrung hervorrufen. Denn anders ausgesprochen bedeutet das Wort "sechs". Kein Wunder, dass Polen ausländische Besucher gerne aufziehen.
In Polen steppt der Bär und der Hund wird verrückt. "Wscikle pies", der verrückte Hund, nennt sich ein beliebter Shot in Polen. Er besteht aus Vodka, Himbeersirup und - tatsächlich - Tabasco. Da spielt nicht nur der Gaumen erst einmal verrückt, sondern schnell auch der Kopf.
In Polen gibt es weniger Auto als im Westen. Um jedoch in allen größeren Städten gigantische Staus zu verursachen, reichen sie aber allemal. Deshalb sollte man für Fahrten in polnischen Innenstädten lieber viel Zeit mitbringen. Das Problem wird dadurch noch verstärkt, dass jeder Lkw, der zwischen Ost- und Westeuropa verkehrt, durch Polen fährt.
Papst Johannes Paul II ist der wohl berühmteste Pole. Der Begründer der modernen Astronomie, Nikolaus Kopernikus, ist jedem ein Begriff, genauso wie die Chemikerin Marie Curie, die das radioaktive Element Radium entdeckte. Auch kulturell kann Polen mit Berühmtheiten aufwarten: der romantische Komponist Frédéric Chopin, der Science-Fiction Autor Stanislaw Lem, sowie der Regisseur und Oscar-Preisträger Roman Polanski stammen aus Polen.
Merkel sagte, wenn die Flüchtlingsbewegung als große Herausforderung eingeschätzt werde, „glaube ich auch, dass wir nicht nach sechs, sieben Monaten sagen können, etwas ist gescheitert oder nicht gescheitert“. Gerade Deutschland und Polen wüssten aus ihrer gemeinsamen schwierigen Geschichte, „dass manche Aufgaben sehr, sehr lange dauern können.“ Zur Überwindung der Feindschaft nach dem Zweiten Weltkrieg sagte Merkel: „Wir waren uns ganz bewusst in unserem Gespräch, dass wir dieses Glück, das wir in der heutigen Generation haben, einfach auch hüten und pflegen und weiterentwickeln wollen.“
Polen steht wegen eines Gesetzes für sein Verfassungsgericht sowie seines neuen Medienrechts in der Kritik. In beiden Fällen wird eine Beschränkung der Unabhängigkeit befürchtet. Die EU-Kommission hat ein offizielles Prüfverfahren eingeleitet, ob die beiden Vorhaben im Widerspruch zu Europas rechtsstaatlichen Grundsätzen stehen.
Mit ihrem Antrittsbesuch hatte sich Szydlo - eine Vertraute des PiS-Vorsitzenden und ehemaligen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski - viel Zeit gelassen. Normalerweise ist es zwischen Deutschland und Polen üblich, solche Besuche gleich in den ersten Tagen nach einem Regierungswechsel abzustatten. Merkel empfing ihre Amtskollegin wie bei Antrittsbesuchen üblich mit militärischen Ehren.