Polen Heftige Proteste gegen neue Medienregeln in Polens Parlament

Rund zwei Dutzend polnische Oppositionspolitiker haben am Sonntag ihren Sitzstreik im Parlament fortgesetzt, mit dem sie gegen eine Beschränkung des Zugangs für Journalisten zur Volksvertretung protestierten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Polen: Heftige Proteste gegen neue Medienregeln in Polens Parlament Quelle: dpa

Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte vor einer Beschränkung der Berichterstattung. Er forderte Polens Regierung auf, sich an die Verfassung zu halten und demokratische Rechte zu respektieren. Der Konflikt über die Pläne der regierenden rechtskonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die die staatlichen Medien und die Justiz seit ihrem Amtsantritt vor einem Jahr zunehmend unter ihre Kontrolle bringt, war zuvor eskaliert. Hunderte Demonstranten versperrten die Ausgänge des Parlamentes, bis die Polizei die Blockade am Samstagmorgen gewaltsam beendete. Erst dann konnten PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski und Ministerpräsidentin Beata Szydlo den Sejm im Zentrum Warschaus verlassen.

Präsident Andrzej Duda wollte sich am Sonntag einschalten, um den Streit zu entschärfen. Auf Wunsch Kaczynskis hatte es bereits ein Treffen zwischen dem Präsidenten des Oberhauses, Stanislaw Karczewski, und etwa einem Dutzend Medienvertretern gegeben. Greifbare Ergebnisse wurden dabei jedoch nicht erzielt. Man habe ein weiteres Treffen am Montag vereinbart, um über konkrete Vorschläge zu beraten, sagte Karczewski nach dem Gespräch. "Niemand wollte jemals den Zugang der Journalisten zu wichtigen politischen Veranstaltungen beschränken", zitierte ihn die Nachrichtenagentur PAP.

Auch das Büro Szydlos bemühte sich, die Wogen zu glätten. "Möglicherweise müssen wir einräumen, dass unsere Politiker die vorgeschlagenen Änderungen unzureichend gegenüber Journalisten und unserer Gesellschaft kommuniziert haben", sagte Szydlos Staatssekretär Pawel Szefernaker dem Rundfunksender ZET. Die Opposition habe dies ausgenutzt. Zuvor hatte sich die Ministerpräsidentin deutlich härter über die Proteste geäußert. Dabei handle es sich nur um das Geheule von Parteien, die nach acht Jahren an der Regierung 2015 die Wahl verloren hätten, sagte sie. Innenminister Marius Blaszczak warf der Opposition nach der Blockade des Parlaments vor, sie wolle die Macht an sich reißen. "Meiner Einschätzung nach waren die Ereignisse gestern (Freitag) der illegale Versuch, sich die Macht zu verschaffen", sagte er dem Privatsender RMF FM.

Am Freitag war es im Parlament zu Protesten von Oppositionspolitikern gekommen. Sie besetzten das Rednerpult und riefen "Freie Medien" und "Keine Zensur". Der Präsident der Kammer verlegte daraufhin die Abstimmung über den Haushalt in andere Räume und untersagte den Medien die Aufzeichnung. Es war das erste Mal seit dem Zusammenbruch des Kommunismus 1989, dass eine Sitzung der Abgeordneten nicht im Plenarsaal stattfand. "Diese Sitzung war illegal. Punkt. Das ist eine Verfassungskrise", sagte ein Abgeordneter der oppositionellen Partei Bürger-Plattform (PO).

Auslöser für die Proteste sind Pläne der Regierung, die Berichterstattung aus dem Parlament ab dem kommenden Jahr zu beschränken. Es sollen nur fünf Fernsehsendern erlaubt sein, die Debatten aufzuzeichnen. Die Anzahl der im Gebäude zugelassenen Journalisten soll begrenzt werden.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%