Polizistenmord nahe Paris Staatsanwalt bestätigt Verbindung zum IS

Ein Polizist wird vor seinem Haus erstochen, der Angreifer verschanzt sich. Die Polizei stürmt das Gebäude. Der Verdächtige ist tot, ebenso die Frau. Frankreichs Präsident Hollande spricht von hoher Bedrohungslage.

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Magnaville: Polizistenmord nahe Paris Quelle: dpa

Wenige Tage nach Beginn der Fußball-EM hat in Frankreich ein Attentäter mit Verbindungen zur Islamisten-Miliz IS einen Polizisten und dessen Frau erstochen. Nach einem Bekenntnis des Islamischen Staats (IS) zu der Bluttat sprach Präsident Francois Hollande am Dienstag von einer äußerst hohen Bedrohungslage. Es handle sich "zweifellos um einen Terrorakt". Ein Staatsanwalt bestätigte, dass sich der mutmaßliche Täter vor seinem Tod bei Verhandlungen mit der Polizei auf IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi berufen habe. In einer Botschaft auf Facebook soll er zudem das Attentat in Verbindung mit dem Fußballturnier gebracht haben: "Die EM wird ein Friedhof werden." Der Gewalttäter ist gebürtiger Franzose mit marokkanischen Wurzeln und stand als Terrorhelfer bis zuletzt im Visier der Sicherheitskräfte.

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Polizeikreisen zufolge wurden zwei Verdächtige aus dem Umfeld des Attentäters verhört. Das Opfer, ein 42-jähriger Polizeikommandeur, war am Montagabend vor seinem Haus im Umland von Paris erstochen worden. Der Angreifer tötete in der Wohnung auch dessen Ehefrau, die als Sekretärin auf einer Polizeiwache tätig war. Er verschanzte sich danach in der Wohnung, und die Polizei verhandelte zunächst mit ihm. Wie der zuständige Staatsanwalt Francois Molins mitteilte, habe er sich mit seiner Bluttat auf einen Aufruf des IS-Chefs berufen, der zum "Töten von Ungläubigen und deren Familien zuhause" aufgefordert habe. Schließlich stürmte eine Spezialeinheit das Gebäude und erschoss den Mann. Dort stießen die Beamten auf eine Liste des Täters mit weiteren möglichen Anschlagszielen: darunter Rapper, Journalisten, Polizisten und Vertreter des öffentlichen Lebens. Namen nannte Molins nicht.

Der 25-Jährige war 2013 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden, wie aus Polizei- und Sicherheitskreisen verlautete. Er hatte Islamisten bei der Ausreise nach Pakistan geholfen. Sein Vorstrafenregister ist jedoch noch länger - unter anderem wegen schweren Diebstahls und Fahrens ohne Führerschein. Wie aus Polizeikreisen weiter verlautete, stand er auch in jüngster Zeit unter Beobachtung. Die Telefonüberwachung habe jedoch keine verwertbaren Ergebnisse erbracht. Laut dem Journalisten David Thomson vom Radiosender RFI hat der Angreifer Teile der Bluttat gefilmt und auf Facebook gestellt.

Das Messer-Attentat weckt in Frankreich Erinnerungen an die Islamisten-Zelle, die für die Pariser Anschläge vom November 2015 mit 130 Toten verantwortlich gemacht wird. Wegen drohender Anschläge bei der Fußball-EM hatte Frankreich erst jüngst den im Herbst ausgerufenen Ausnahmezustand für zwei Monate verlängert. Die Polizei verfügt dadurch über mehr Rechte im Anti-Terror-Kampf. Laut Innenminister Bernard Cazeneuve hat es seit Jahresbeginn bereits mehr als 100 Festnahmen gegeben.

Zu dem Messerattentat im Pariser Vorort Magnanville bekannte sich der IS über seine Nachrichtenagentur Amak. Darin wird auch der Tod der Frau des Opfers erwähnt. Sicherheitskräfte fanden sie nach der Erstürmung des Hauses des Polizisten erstochen auf, wie aus Ermittlerkreisen verlautete. Der dreijährige Sohn des Polizeikommandanten überlebte die Attacke.

Der IS hat seine Anhänger zu Anschlägen in Europa und den USA während des Fastenmonats Ramadan aufgerufen. Der Ramadan begann Anfang Juni, nahezu parallel mit der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich. Vor sieben Monaten waren bei Anschlägen auf Cafes und eine Konzerthalle in Paris über 100 Menschen ums Leben gekommen. Ziel war auch das Fußballspiel Frankreich-Deutschland. Die Extremisten konnten nicht in das Stadion eindringen, Sprengsätze wurden aber davor gezündet.

Der französische Geheimdienst hat davor gewarnt, dass der IS sich für eine Welle von Bombenanschlägen auf Menschenmengen während der Fußball-Europameisterschaft rüste. Die EM dauert bis zum 10. Juli. Zu den 51 Spielen in zehn Stadien werden mehr als 2,5 Millionen Besucher erwartet.

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