Porträt Wie sich George Soros als Euro-Retter inszeniert

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Narzisstisch-neurotischer Eifer

Der narzisstisch-neurotische Eifer des George Soros manifestiert sich aber auch in Vortragsreisen durch Europa. „Die Tragödie der Europäischen Union“ war der epochal heischende Titel einer Rede im September vergangenen Jahres in Berlin. „Lead or Leave“ lautete Soros’ Leitthese, Deutschland solle die Euro-Zone führen – sprich: zahlen – oder sie verlassen.

„Spiegel“-Digitalchef Matthias Müller von Blumencron moderierte die Diskussion. Überhaupt kümmerte sich „Spiegel Online“ rührend um die Verbreitung dessen, was der Altmeister zu sagen hatte. Auf der Web-Seite gab es die Rede exklusiv zu lesen. Auch sonst schenkt der „Spiegel“ Soros gerne sein Ohr: Seit Ausbruch der Finanzkrise hat er Soros dreimal zum „Spiegel“-Gespräch gebeten. Die Konkurrenz vom „Stern“ wollte da nicht hintenanstehen und interviewte Soros ebenfalls. Von „Süddeutscher Zeitung“ über „Handelsblatt“ oder „Welt“ bis zur „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ werden seine Weissagungen weitergetragen, auch auch international greifen Medien jeglicher Couleur sie auf.

Schnelle Euro-Entscheidung von Deutschland gefordert

So gelingt Soros spielend, was er in Berlin als Ziel des Abends ganz offen durchklingen ließ: Einfluss zu nehmen. Auf politische Debatten. Der Euro sei eine Schicksalsfrage für die Europäische Union, und die liege ihm aufgrund seiner eigenen Erfahrungen am Herzen. Soros, 1930 in der ungarischen Hauptstadt Budapest geboren, Sohn einer jüdischen Familie, erlebte den Einmarsch der Nazis mit, dann die Ausbreitung des Kommunismus. Er habe viel Leid gesehen und wolle dazu beitragen, dass die Europäische Union nicht auseinanderbreche.

Eine merkwürdige Ehrfurcht

In England, wohin er 1947 emigriert war, studierte Soros an der London School of Economics bei Karl Popper, dem Säulenheiligen der modernen Wissenschaftstheorie. Auf ihn beruft sich Soros häufig; von ihm lernte er, alles infrage zu stellen und mit Provokationen etablierte Denkmuster zu attackieren. Damit sichert er sich seinen Platz in den Schlagzeilen.

Es ist erstaunlich, wie bereitwillig renommierte Medien George Soros einen roten Teppich ausrollen, wann immer er meint, die Welt mit einer These beglücken zu müssen. Offenbar wird die Autorenzeile des Milliardärs in etlichen Redaktionen als Zierde empfunden, die das eigene Blatt schmückt, unabhängig vom Gehalt des Geschriebenen. Erklären lässt sich das nur mit einer merkwürdigen Ehrfurcht.

Aber Ehrfurcht vor was? Der Finanzinvestor Soros war kein Unternehmer, der echte Werte schuf. Kein heldischer Pionier im Sinne Joseph Schumpeters; keiner, der mit seinen Produkten und Innovationen den Markt aufmischte. Soros’ Geschäftsgrundlage war nicht kreative Zerstörung, sondern zerstörerische Kreativität.

Weltbekannt wurde Soros 1992 als „Man who broke the Bank of England“ – der Mann, der die englische Zentralbank niederzwang. Überzeugt von einer Überbewertung des britischen Pfunds tätigte Soros massenhaft Leerverkäufe. Die Bank of England konnte nicht gegenhalten, der Pfund-Kurs brach ein, und Soros’ Gewinne schnellten in die Höhe. Geschätzt 1,4 Milliarden Dollar brachte ihm die Wette ein.

Die Behörden hatten Soros über Jahre im Visier. Mit der US-Wertpapieraufsicht SEC hatte er immer wieder Ärger. Die französische Börsenaufsicht untersuchte ab 1988 jahrelang seine Geschäfte. Selbst in seinem Heimatland Ungarn ermittelte die Aufsicht gegen Soros Fund Management und verhängte 2009 eine Strafe von 1,6 Millionen Euro. Auch an der Asienkrise 1997/98 verdiente Soros. Erneut wettete er gegen eine Währung, diesmal den thailändischen Baht. Paul Krugman, der spätere Wirtschaftsnobelpreisträger, hielt Soros vor, die Krise „for fun and profit“ zu befeuern.

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