Porträt Wie sich George Soros als Euro-Retter inszeniert

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Spekulative Interessen an Euro-Rettung?

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Soros sei „just driven to save Europe“, meint Oosting, nichts weiter: „Er braucht nicht noch ein paar Millionen mehr.“ Natürlich, dass der bekannteste Währungsspekulant der Welt sich für die Rettung des Euro interessiert – er könne verstehen, dass das Fragen aufwerfe. „Aber ich glaube nicht, dass er dabei noch spekulative Interessen verfolgt.“ Er habe Soros als freundlichen Menschen kennen gelernt, der die Zielgebiete seiner Generosität schnell wechselt. Soros’ Anteil am ECFR-Budget habe 2012 nurmehr bei rund 50 Prozent gelegen, schätzt Oosting, „in diesem Jahr wird es wohl nur noch gut ein Drittel sein.“

Warum auch nicht? Andere Geldgeber rücken nach und finanzieren die Ideen und Interessen des Milliardärs. Die Mercator-Stiftung etwa, die dem ECFR seit 2010 eine Million Euro, verteilt auf drei Jahre, überwiesen hat. Geschäftsführer Bernhard Lorentz ist bekennender Parteigänger der Grünen, hat sich schon zu Joschka Fischers Zeiten Gedanken über „grüne Außenpolitik“ gemacht. Ulrike Guérot wiederum, Repräsentantin für Deutschland beim ECFR, verteilte im November auf dem Parteitag der Grünen Komplimente für die europapolitischen Leitanträge.

Geld für alte Grüne

Dass ausgerechnet Grüne vom Erfolg eines Finanzmarktjongleurs profitieren, über den sie ansonsten, zur Spezies Spekulant verallgemeinert, gerne abfällig urteilen, scheint sie selbst nicht zu stören. Spricht man sie auf ihre Verbindung zu dem spendablen Geldgeber an, werden sie entweder still oder giftig.

Joschka Fischer, der bei der Berliner Tragödien-Rede von Soros im Publikum saß, ließ zweimal ausrichten, dass er partout nichts sagen wolle über sein Verhältnis zu Soros. Über die naheliegende Frage, ob er oder sein Beratungsunternehmen als Türöffner für den Milliardär in Deutschland fungieren und hierzulande dessen Interessen vertreten, schweigt er sich gründlichst aus. Man rede nicht über Mandanten, ja, nicht einmal darüber, wer überhaupt Mandant sei – und wer nicht.

„Das ist schlimmste Stammtisch-Ökonomie“
Prof. Dr. Walter Krämer, leitet das Institut für Wirtschafts- und Sozialstatistik an der TU Dortmund und hat den Protestbrief initiiert. Seine Begründung: "Viele wissen gar nicht, auf was wir uns da einlassen. In zehn oder 15 Jahren müssen wir unser Rentensystem plündern, um irgendwelche maroden Banken zu retten - oder was noch schlimmer wäre, die Notenpresse anwerfen." Über 270 Wirtschaftswissenschaftler kritisieren die Beschlüsse des vergangenen EU-Gipfels. Doch nicht alle deutschen Ökonomen springen auf den Zug auf - sondern stehen der Bundeskanzlerin bei. Diese Ökonomen streiten sich um Merkels Europolitik. Quelle: Pressebild
Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, hat den Protestbrief der Ökonomen von Walter Krämer redaktionell und begleitet und unterschrieben. Darin steht: "Wir, Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler der deutschsprachigen Länder, sehen den Schritt in die Bankenunion, die eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems bedeutet, mit großer Sorge. (...) Weder der Euro noch der europäische Gedanke als solcher werden durch die Erweiterung der Haftung auf die Banken gerettet, geholfen wird statt dessen der Wall Street, der City of London – auch einigen Investoren in Deutschland - und einer Reihe maroder in- und ausländischer Banken, die nun weiter zu Lasten der Bürger anderer Länder, die mit all dem wenig zu tun haben, ihre Geschäfte betreiben dürfen." Quelle: dpa
"Die Politiker mögen hoffen, die Haftungssummen begrenzen und den Missbrauch durch eine gemeinsame Bankenaufsicht verhindern zu können. Das wird ihnen aber kaum gelingen, solange die Schuldnerländer über die strukturelle Mehrheit im Euroraum verfügen." - Klaus F. Zimmermann, ehemaliger Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, gehört zu den Unterzeichnern. Quelle: dapd
"Die Sozialisierung der Schulden löst nicht dauerhaft die aktuellen Probleme; sie führt dazu, dass unter dem Deckmantel der Solidarität einzelne Gläubigergruppen bezuschusst und volkswirtschaftlich zentrale Investitonsentscheidungen verzerrt werden." Auch Bernd Raffelhüschen, Professor der Universität Freiburg und Experte für Altersvorsorge, hat den Aufruf unterzeichnet. Quelle: dpa
"Wenn die soliden Länder der Vergemeinschaftung der Haftung für die Bankschulden grundsätzlich zustimmen, werden sie immer wieder Pressionen ausgesetzt sein, die Haftungssummen zu vergrößern oder die Voraussetzungen für den Haftungsfall aufzuweichen. Streit und Zwietracht mit den Nachbarn sind vorprogrammiert." Sachsens ehemaliger Ministerpräsident und Finanzprofessor Georg Milbradt (CDU) gehört zu den Mitunterzeichnern. Quelle: ASSOCIATED PRESS
Der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Dennis Snower, kritisiert dagegen seine Kollegen: „Der Aufruf schürt lediglich Ängste und zeigt keinen einzigen Weg zur Lösung der Probleme auf.“ Quelle: dpa
Auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, Michael Hüther, findet kritische Worte: Diese Aktion habe „mit ökonomischer Argumentation nichts zu tun“, sagte Hüther. Quelle: dapd

Bernhard Lorentz wiederum verliert bei der Frage, was die Stiftung Mercator bewegt habe, 2010 ihre „Lecture“ zum Thema „Europe in Crisis“ George Soros anzuvertrauen, beinahe die Fassung. Soros sei ein ausgewiesener Kenner der europäischen Politik. Ein Mann, der sich mit Leidenschaft für die europäische Sache einsetze. Der bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein- und ausgehe. Was also solle die Frage? Und was, bitte schön, solle die andere Frage? Die nach dem Währungsspekulanten? Soros setze sich für Europa ein, nicht für den Euro. Aha.

Schäubles Sprecher gibt auf Nachfrage augenrollend zu verstehen, dass man zu Soros lieber nichts sagen wolle. Klar ist jedenfalls, dass dem Top-Investor etliche Türen offen stehen. An der Wall Street werden Frankreichs Präsident François Hollande, Italiens Premierminister Mario Monti, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der frühere griechische Premier Giorgos Papandreou zu Soros’ Gesprächspartnern gerechnet.

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