
Europas Politiker feiern den Fiskalpakt als wichtigen Durchbruch. Doch ist er das wirklich? Für mich ist der Vertrag ein weiteres Beispiel dafür, dass Europa die wirtschaftliche Realität dem Wunsch der Politiker unterordnet, mit Fortschritten in Richtung einer „immer engeren Union“ prahlen zu können. Die Regierungen haben die Pläne für einen Fiskalpakt in den vergangen Monaten rasant weiterentwickelt. Eine politisch unpopuläre Transferunion wurde in einen gefährlichen Sparplan umgewandelt, um letztendlich in einer modifizierten Version des Stabilitäts- und Wachstumspaktes aus dem Jahr 1997 zu münden.
Das Ergebnis dürfte kaum dazu beitragen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa zu verbessern. In der ursprünglich von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeschlagenen Transferunion sollten Deutschland und andere starke Volkswirtschaften der Eurozone Jahr für Jahr Zahlungen an Griechenland und andere schwache Länder transferieren – und im Gegenzug die Befugnis erhalten, über die öffentlichen Haushalte und Steuereinnahmen der Empfängerländer zu bestimmen und diese zu überwachen.
Automatische Strafen?
Doch die deutsche Öffentlichkeit lehnte die Vorstellung dauerhafter Transfers an Griechenland ab, während es den Griechen vor der Vorstellung grauste, dass Deutschland die Finanzpolitik ihres Landes kontrollieren würde.
Der nächste Schritt waren die Ende 2011 in Brüssel beschlossenen Pläne für eine verstärkte fiskalpolitische Zusammenarbeit. Die Idee: Jedes Land der Eurozone verpflichtet sich zum Haushaltsausgleich, Fehlverhalten wird mit automatischen Strafzahlungen sanktioniert. Aber wie sollte die Regel für einen ausgeglichenen Haushalts genau definiert sein? Jörg Asmussen, das deutsche Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, betonte in einem Brief an die Unterhändler der Vertragsverhandlungen, dass ein ausgeglichener Haushalt eben genau das bedeute.