
Das Bundesfinanzministerium möchte das Scheitern bei der griechischen Präsidentenwahl im dritten Wahlgang nicht kommentieren. „Das ist zunächst eine nationale Angelegenheit“, sagt ein Sprecher an diesem Montag. Am Samstag hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Interview mit der Bild-Zeitung jedoch ein wenig skeptisch geklungen. Zwar meinte Schäuble, dass jede neue Regierung vertragliche Vereinbarungen der Vorgänger einhalten müsse. Doch fügte der Bundesfinanzminister hinzu: „Wenn Griechenland (nach Neuwahlen, Anm. d. Red.) einen anderen Weg einschlägt, wird es schwierig.“
Und sollte das Linksbündnis dann die Parlamentswahlen gewinnen, ist eine Abkehr vom Sanierungskurs zu erwarten. Mit entsprechend negativen Auswirkungen auf den Staatshaushalt – vor allem zunächst in Griechenland, und dann, wenn das angeschlagene Land seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern nicht mehr bedienen kann oder will, auch auf andere Staaten einschließlich Deutschland.
Die beiden Griechenlandprogramme des europäischen Rettungsfonds EFSF und des Internationalen Währungsfonds IWF haben ein Volumen von insgesamt 240 Milliarden Euro. Der deutsche Anteil beträgt ungefähr 50 Milliarden Euro. Sollte sich eine künftige Linksregierung in Athen nicht mehr an die Sanierungsauflagen halten und die Schulden nicht mehr bedienen, wären nicht nur diese Gelder in Gefahr.
Griechenlands Schwächen
Griechenlands Ruf hat in der Euro-Krise arg gelitten. Nur zwei der 60 getesteten Staaten haben ein schlechteres Image als der Pleitestaat. Die Folge: Investoren meiden das Land, die Kreditwürdigkeit ist mies.
Nur 5,7 Prozent der gefragten Experten bescheinigten Griechenland, eine kompetente Regierung zu haben. In der Tat hat es Athen nicht geschafft, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen (Rang 60), für Wachstum zu sorgen (Rang 60) und die öffentlichen Finanzen auf Vordermann zu bringen.
Auch bei der Bildung und Weiterbildung der Bürger hat Griechenland großen Nachholbedarf. Fortbildung von Angestellten gibt es quasi nicht (Platz 58), auch die Qualität der Universitäten ist schlecht (Rang 51). Demzufolge gibt es auch wenige Forscher und Wissenschaftler (Rang 49). Besser schneidet der Krisenstaat bei der Frühförderung ab: Es gibt eine Vielzahl von Lehrern, die Klassen sind sehr klein (Rang 2).
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Dann könnte es nämlich zu einer neuen großen Euro-Krise kommen, Portugal und Spanien könnten von den Finanzmärkten wieder skeptisch beäugt und abgestraft werden. Und noch schlimmer wäre folgendes Szenario: Die beiden großen Euro-Mitgliedstaaten Italien und Frankreich verlieren ihre Glaubwürdigkeit unter den Kapitalgebern. Dann könnte die Europäische Zentralbank ihre – für deutsche Verhältnisse – lockere Geldmarktpolitik vollends von allen noch verbliebenen Restriktionen lösen und die Märkte mit billigem Geld überschwemmen und Staatsanleihen der Not leidenden Länder in Billionenhöhe aufkaufen. Sollten diese zu Verlusten in der EZB-Bilanz führen, müsste Deutschland einen Großteil davon tragen.
Die politischen Kosten sind damit noch nicht eingepreist. Natürlich wäre Europa in den Augen vieler Bürger desavouiert. Die AfD und andere Bewegungen von Unzufriedenen, Besorgten und national gestimmten Bürgern bekämen einen weiteren Schub. Auch die deutsche Gesellschaft würde auf eine Zerreißprobe zusteuern. Europa würde sich schwächen in einer Zeit, in der Krisen von der Ostukraine über den Nahen Osten bis Nordafrika um sich greifen. Ein starkes Europa wäre eigentlich nötiger denn je. Manchmal reicht nur ein Flügelschlag, um große Staatengemeinschaften ins Wanken zu bringen.