Rating-Agenturen Angriff auf S&P, Moody's und Fitch

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Investoren halten Moody’s und Co die Treue

Moody’s Quelle: dpa

Ob für Länder, Unternehmen, Banken oder Finanzprodukte: Insgesamt 2,8 Millionen Ratings verzeichnet die US-Börsenaufsicht SEC für Ende 2010 weltweit. Dass die großen drei dabei wenig Wettbewerb ausgesetzt sind, zeigt sich an ihren operativen Gewinnen: 2011 betrug die Umsatzrendite bei Fitch Ratings 31 Prozent, bei S&P Ratings Services 41 Prozent, bei Moody’s Investors Service gar 44 Prozent. Margen, von denen die Firmen anderer Branchen nur träumen können.

Markus Krall, obgleich Unternehmensberater, strebt solche Margen gar nicht an. Die europäische Rating-Agentur soll zwar privat finanziert sein, denn wie sollte sie sonst unabhängig über Staaten urteilen? Profitorientiert wie die großen drei soll die neue Agentur aber nicht sein und schon gar nicht börsennotiert wie Moody’s. Alles zusammen – die große Zahl von 30 Investoren, die Stiftungsform und das Fehlen eines Gewinnstrebens – soll Unabhängigkeit gewährleisten, hofft Krall.

Ideal des unabhängigen Wächters

Für Krall ist die Profitorientierung ein Kern des Problems. Zu welchen Auswüchsen sie führen kann, sah man in den Jahren des amerikanischen Immobilienbooms, in denen Banken viele komplexe Wertpapiere schufen, die alle ein Rating brauchten. Den großen drei bescherte dies ungeahnte Gewinne – und nach 2007 einen ungeahnten Reputationsschaden, als sich herausstellte, dass sie viele dieser Wertpapiere viel zu gut bewertet hatten und die Kooperation mit den Banken zu eng gewesen war. Untersuchungen des Kongresses förderten zutage, wie weit sich die großen drei im Boom vom Ideal des unabhängigen Wächters entfernt und die Finanzkrise mitverschuldet hatten.

Wie aber konnte es überhaupt so weit kommen? Wie konnten die drei so mächtig werden?

Washington, 1975. Schon seit der Großen Depression dürfen amerikanische Banken nur sichere Papiere halten, definiert als Papiere mit guten Ratings der bekannten Rating-Agenturen. Nun aber steht die Börsenaufsicht SEC vor der Frage, wie viel Kapital Investmentbanken als Sicherheitspuffer vorhalten müssen. Statt sich selbst ein Urteil über die Stabilität der Finanzinstitute zu bilden, beschließt sie, Ratings als Anhaltspunkt dafür heranzuziehen, wie riskant die Vermögenswerte dieser Institute sind. Allerdings nicht irgendwelche Ratings. Sondern allein Ratings von Nationally Recognized Statistical Rating Organizations – NRSROs. Weder definiert die SEC diesen neuen Status national anerkannter Rating-Firmen, noch definiert sie den Prozess seiner Vergabe. Stattdessen verleiht sie den Status einfach an drei Agenturen – S&P, Moody’s und Fitch. Und verleiht deren Ratings damit einen fast hoheitlichen Charakter. Auf eine Kontrolle der Agenturen verzichtet man.

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