Rating-Agenturen Angriff auf S&P, Moody's und Fitch

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Ratings und Kriterien

Wall Street Quelle: dapd

Heute ziehen Europas Banken Ratings der großen drei heran, wenn sie berechnen, wie viel Kapital sie als Krisenpuffer vorhalten müssen: Für Wertpapiere mit guten Ratings müssen sie weniger zurücklegen, weil ein Ausfall und damit ein Verlust weniger wahrscheinlich ist.

Heute haben Großinvestoren weltweit strikte Vorgaben, dass die Papiere in ihrem Portfolio gute Ratings brauchen – und verkauft werden müssen, wenn die Bewertung einknickt.

In den USA und der EU will der Gesetzgeber nun die Bedeutung von Ratings der großen drei in Vorschriften vermindern. Bloß: Durch welche Kriterien lassen sich Ratings ersetzen? Sie einfach ersatzlos zu streichen schaffe neue Probleme, erklärt die Verbraucherschützerin Barbara Roper. Ein Fondsmanager etwa wäre auf einmal frei in der Auswahl der Wertpapiere – und wäre versucht, renditereichere, aber riskantere Wertpapiere zu kaufen. »Die Probleme mit den Rating-Agenturen sind leichter zu erkennen als zu lösen«, sagt Roper.

Zirkelproblem Akzeptanz

Hinzu kommt die Treue der Investoren. An der Macht halten sich die großen drei heute vor allem, weil Pensionskassen, Geldfonds, Hedgefonds, Versicherungen und Banken sich über die Jahrzehnte an sie gewöhnt haben.

Ihre Ratings sind einfach. Sie verringern die Komplexität der Finanzwelt und machen Wertpapiere international vergleichbar. Ratings sind bequem und nehmen Arbeit ab. Moody’s und Co. geben Sicherheit: Fonds oder Banken haben einen Sündenbock, auf den sie zeigen können, sollte sich ein Wertpapier als wertlos erweisen.

»Der enorme Einfluss der Big Three rührt schlicht daher, dass es sie schon gibt, solange man an der Wall Street denken kann«, sagt ein erfahrener Banker in New York. Im Grunde haben sich alle Investoren mit ihnen arrangiert. »Hinter vorgehaltener Hand sagen Pensionskassen schon wieder, dass sie eigentlich kein Problem mit den Etablierten haben«, erklärt James Gellert von der kleinen US-Rating-Agentur Rapid Ratings. Ginge es nach ihm, würde der Staat Investoren zwingen, Wertpapiere wieder intern zu prüfen.

Selbst wenn Markus Krall es also schafft, eine europäische Rating-Agentur aufzubauen, selbst wenn der Gesetzgeber die Verankerung der großen drei in Vorschriften lockert – Krall steht vor dem Problem, überhaupt Kunden zu gewinnen. Unternehmen und Banken engagieren Rating-Agenturen nur, wenn die Investoren diese ernst nehmen. Investoren jedoch nehmen Rating-Agenturen nur ernst, wenn diese von vielen Unternehmen und Banken engagiert werden. Ein Zirkelproblem.

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