




Das Problem ist erkannt, jetzt geht es um die Bekämpfung der Ursachen der Krise: Zwei Tage nach seiner Vereidigung hat der neue italienische Regierungschef Matteo Renzi um das Vertrauen des Parlaments geworben. In seiner Regierungserklärung vor dem Senat forderte der 39-Jährige am Montag, Mut zu radikalen Entscheidungen zu haben. Er machte erneut klar, bis zum Legislaturende 2018 regieren zu wollen, um den dringend notwendigen Wandel herbeiführen zu können. Man bringe das Land nicht in Ordnung für die EU oder Bundeskanzlerin Angela Merkel, sondern aus Respekt vor der jungen Generation in Italien.
„Wir leben in Zeiten enormer Schwierigkeiten“, sagte Renzi. Italien sei erstarrt und von der Bürokratie gefesselt. Deshalb seien eine Vereinfachung der Strukturen und Abläufe sowie ein politisches Zusammenrücken jetzt vorrangig. Eile und Wandel seien geboten, und zwar ohne Jammerchor, zumal Italien in der zweiten Jahreshälfte die EU-Ratspräsidentschaft übernehme. „Europa ist nicht die Mutter aller Probleme“, rief Renzi denen zu, die die harten EU-Sparauflagen als mitverantwortlich für die italienischen Wachstumsschwierigkeiten ansehen.
Nach Renzis Regierungserklärung sollte der Senat als erste der beiden Kammern am späten Montagabend ein Vertrauensvotum abgeben. In der kleinen Kammer hat die Regierungskoalition eine ausreichende Mehrheit, Renzi kann mit 168 bis 176 der 320 Senatoren rechnen.
Renzi hat versprochen, das hoch verschuldete und in anhaltender Rezession steckende EU-Krisenland grundlegend zu reformieren. Nach einer Reform des Wahlrechts und der Institutionen stehen im März die Reform des Arbeitsmarktes, im April die Umstrukturierung der Verwaltung und im Mai Steuersenkungen auf seiner Agenda. Das ist auch dringend nötig. Italien ist derzeit eine Großbaustelle. Arbeitslosigkeit und Schulden sind hoch, die Die Steuerpolitik ist ein schlechter Witz
„Unternehmen leiden in Italien unter einem sehr komplexen Steuerrecht“, moniert Norbert Pudzich, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Italienischen Handelskammer mit Sitz in Mailand. „Es ist kaum überschaubar, was alles die Unternehmen an Steuerpflichten zu erfüllen haben: es gibt lokale, regionale und nationale Steuern. Und dann kommen noch unterschiedliche Interpretationen der verschiedenen Rechtsbegriffe hinzu.“ Die Regierungen von Mario Monti und Enrico Letta in den vergangenen zwei Jahren ständig Neuerungen durchgesetzt. Das aber habe nur neue Unübersichtlichkeit geschaffen, so Pudzich. „Keiner weiß genau, was Recht ist und was nicht.“ Fest steht nur: Die Steuerlast ist dramatisch hoch. Untersuchungen beziffern die Abgabenlast der Unternehmen zwischen 60 und 70 Prozent. „Italien braucht ein einfaches, überschaubares und rationales Steuerrecht“, fordert Pudzich im Namen der Wirtschaft.