Regierungsbildung in Spanien Sozialist in Hängepartie unter Zugzwang

Die Regierungsbildung in Spanien stockt. Rajoy findet keine Partner und spielt auf Zeit. Die Sozialisten schlagen den Ball zunächst zum Gegner zurück. Aber ihr Chef Sánchez wird dem König offenbar nicht „Nein“ sagen.

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Mariano Rajoy findet niemanden, der ihm eine Regierungsmehrheit beschaffen will. Quelle: dpa

In Spanien geht die politische Hängepartie gut einen Monat nach der Parlamentswahl in eine ungewisse Verlängerung. Nachdem Ministerpräsident Mariano Rajoy am Freitag den Auftrag von König Felipe VI. zur Bildung einer Regierung aus taktischen Gründen abgelehnt hatte, steht der sozialistische Oppositionsführer Pedro Sánchez bei der am Mittwoch beginnenden zweiten Konsultationsrunde des Monarchen unter Zugzwang. Sánchez werde - anders als Rajoy - Felipe nicht „Nein“ sagen, berichteten die Zeitungen „El Mundo“ und „El País“ am Sonntag unter Berufung auf die Sozialisten (PSOE).

Noch am Samstag hatte die PSOE in einem Kommuniqué mitgeteilt, man werde sich erst dann um die Bildung einer Linksregierung bemühen, wenn der konservative Rajoy sich als Chef der stärksten Parlaments-Fraktion, der Volkspartei (PP), zunächst der Wahl im Madrider Parlament stellt oder aber seinen endgültigen Verzicht erklärt. Wie „El Mundo“ ein ranghohes PSOE-Mitglied zitiert, will Sánchez aber doch „nicht so unverantwortlich wie Rajoy“ handeln.

Die PP war aus der Wahl am 20. Dezember erneut als stärkste Kraft hervorgegangen, hatte aber die absolute Mehrheit verloren. Beim Versuch, eine Koalition zu schmieden, war Rajoy bisher gar nicht vorangekommen. Dass sein Verzicht - ein Novum in der spanischen Demokratie - nur vorläufig ist, stellte der 60-Jährige nach dem Treffen mit Felipe klar: „Ich verzichte auf gar nichts“. Er habe nur „noch nicht die nötige Unterstützung.“

Nach vorherrschender Medienmeinung setzt Rajoy darauf, dass sich die Sozialisten nach einem Scheitern der Verhandlungen mit mehreren linken Parteien doch auf eine „große Koalition“ einlassen. Falls die allgemein als sehr schwierig betrachtete Regierungsbildung sich als unmöglich erweisen sollte, würde die viertgrößte Volkswirtschaft der EU auf Neuwahlen zusteuern. Die Frist für die Regierungsbildung läuft genau zwei Monate nach der ersten Abstimmung im Parlament ab.

Der Chef der Protestpartei Podemos (Wir Können), Pablo Iglesias (37), hatte am Freitag erstmals seine Bereitschaft geäußert, mit den Sozialisten eine Koalition zu bilden. „Die Wähler von PSOE und Podemos würden es nicht verstehen, wenn wir uns nicht verständigen könnten“, meinte auch Sánchez (43). Leicht wird es aber nicht.

Sánchez könnte zwar rein mathematisch mit Podemos und mehreren kleineren Linksparteien und nationalistischen Regionalparteien eine absolute Mehrheit im Parlament erreichen. Doch die PSOE lehnt unter anderem das von Podemos geforderte Recht auf Selbstbestimmung für die Konfliktregion Katalonien in der Frage der Unabhängigkeit strikt ab. Auch bei vielen anderen Punkten gibt es Differenzen. Deshalb hatten beide Parteien im Wahlkampf und auch nach dem Urnengang eine Zusammenarbeit ausgeschlossen. Auch nach dem Angebot von Iglesias äußerten sich mehrere PSOE-Politiker sehr skeptisch.

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