Regierungskrise Mehrheit der Italiener möchte in der Euro-Zone bleiben

Die Mehrheit der Italiener möchte in der Euro-Zone bleiben Quelle: dpa

Kommt es in Italien doch noch zu einer Regierung der rechten Lega und der populistischen 5-Sterne-Bewegung? Die Mehrheit der Italiener möchte indes in der Euro-Zone bleiben.

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In Italien könnte es doch noch zu einer Regierung der rechten Lega und der populistischen 5-Sterne-Bewegung kommen. "Es sind neue Möglichkeiten zur Geburt einer politischen Regierung aufgetaucht", sagte der designierte Ministerpräsident eines Expertenkabinetts, Carlo Cottarelli. Einem Insider zufolge verständigten er und Präsident Sergio Mattarella sich darauf, die Aufstellung eines solchen Kabinetts "nicht zu überstürzen". Damit solle die Bildung einer politischen Regierung gefördert werden. Allerdings blieb unklar, ob sich die beiden Sieger der Wahl im März auf ein Kabinett einigen könnten, das zudem noch die Zustimmung Mattarellas benötigen würde.

Eine deutliche Mehrheit der Italiener will Umfragen zufolge indes einen Verbleib des Landes in der Euro-Zone. In einer vom staatlichen TV-Sender RAI veröffentlichten Erhebung des Instituts Piepoli erklärten 72 Prozent der Befragten, Italien solle im Euro bleiben. 23 Prozent befürworteten einen Austritt. In einer Euromedia-Umfrage ebenfalls für RAI sprachen sich 60 Prozent für den Verbleib aus, 24 Prozent für den Austritt. 16 Prozent waren unentschlossen.

Italien steckt in einer politischen Krise, nachdem die Bildung einer Koalitionsregierung aus der rechtsextremen Lega und der populistischen 5-Sterne-Bewegung zunächst am Veto des Staatspräsidenten gescheitert ist. Beide Parteien sind europakritisch. Präsident Sergio Mattarella hatte den Kandidaten für das Schlüsselamt des Wirtschaftsministers abgelehnt. Die Koalitionspartner hatten dafür den Euro-Gegner Paolo Savona nominiert. Savona hat den Beitritt Italiens zum Euro als historischen Irrtum bezeichnet und einen Plan B gefordert, um die Währungsunion notfalls wieder verlassen zu können.

Der Präsident hatte den ersten Anlauf der Lega und der 5-Sterne deshalb gestoppt. Die 5-Sterne riefen Savona am Mittwoch auf, auf eine Kandidatur zu verzichten. Die Lega hielt jedoch weiter an ihm fest. Ein Berater von Parteichef Matteo Salvini sagte, man sei nicht bereit, den 81-Jährigen fallen zu lassen. "Wenn es vor drei Tagen nicht geklappt hat, ist es schwer vorzustellen, dass es jetzt klappt."

Stattdessen brachte Salvini möglichst baldige Neuwahlen ins Gespräch: "Je früher wir wählen, desto besser, denn das ist der beste Weg, um aus diesem Sumpf und dieser Verwirrung herauszukommen." Umfragen zufolge profitiert die Lega bei den Wählern von der seit drei Monaten andauernden Hängepartie. Allerdings fanden die Befragungen vor dem gescheiterten Anlauf zur Regierungsbildung statt. Sollte der frühere IWF-Ökonom Cottarelli doch eine Expertenregierung aufstellen, würde dies voraussichtlich Neuwahlen im Herbst oder Anfang 2019 bedeuten. Zieht sich Cottarelli zurück, könnte schon am 29. Juli gewählt werden.

Der Ökonom Hans-Werner Sinn hält einen Austritt Italiens aus der Währungsunion für durchaus wahrscheinlich - falls es keine Transferunion gibt. Als Druckmittel könnte dem Land die Idee einer Parallelwährung dienen.
von Bert Losse

Die Aussicht auf eine Regierung der Lega und der 5-Sterne macht Investoren und Politiker nervös. In einer Koalition setzen die beiden Parteien auf höhere Staatsausgaben, obwohl sich in Italien ein Schuldenberg von über 130 Prozent der Wirtschaftsleistung auftürmt. Dies hatte die Börsen in Europa und den USA zuletzt belastet. Auch die Euro-kritischen Stimmen in den beiden Parteien wie die von Savona haben für Unruhe gesorgt. Am Mittwoch zeichnete sich allerdings eine Beruhigung an den Märkten ab.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz erklärte zur Lage in Italien, er sorge sich nicht um die Zukunft der Euro-Zone. "Europa ist besser auf schwierige Situationen vorbereitet als früher", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. "Im Übrigen bin ich fest davon überzeugt, dass die Mehrheit der Italienerinnen und Italiener eine sehr proeuropäische Haltung verfolgt."

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