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Regulierung Finanzmarkt-Transaktionssteuer rückt näher

Kaum ist der Schuldenschnitt für Griechenland erfolgt, widmen sich die EU-Finanzminister mal wieder dem Thema Finanzmarktregulierung. Vor allem in das Thema Finanztransaktionssteuer kommt Bewegung.

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Angela Merkel und Wolfgang Schäuble Quelle: dapd

Morgen wollen die Finanzminister der 27 EU-Staaten erstmals über eine Finanztransaktionssteuer beraten. Dass die Steuer auf der Tagesordnung steht, ist schon eine kleine Sensation, denn in der EU wird bereits seit Jahren um ihre Ausgestaltung und Einführung gestritten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und acht seiner europäischen Kollegen forcieren jetzt die Debatte mit einem gemeinsamen Brief an die dänische Finanzministerin Margrethe Vestager.

Dänemark hat zur Zeit die Ratspräsidentschaft inne. In dem Schreiben drängen die Finanzminister Deutschlands, Frankreichs, Spaniens, Österreichs, Belgiens, Finnlands, Portugals und Griechenlands sowie von Italiens auf eine schnelle Entscheidung.

Damit wächst der Druck auf die FDP, die eine solche Steuer auf Wertpapiergeschäfte bislang abgelehnt hat. Aber nachdem die SPD ihre Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt von der Einführung einer solchen Abgabe abhängig macht, zeigt die Ablehnungsfront der Liberalen erste Risse. Einzelne FDP-Politiker wie der schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki fordern Kompromissbereitschaft. Für die Billigung der Pakts von 25 der 27 EU-Staaten in Bundestag und Bundesrat braucht die Bundesregierung eine Zweidrittelmehrheit - und damit auch Stimmen aus der Opposition.

Wie Europa zu den Plänen für die Börsensteuer steht
GroßbritannienDie Briten wollen die Einführung der Finanztransaktionssteuer mit allen Mitteln verhindern, da von London aus rund 20 Prozent der globalen Bankengeschäfte getätigt werden. Premierminister David Cameron will ein Veto gegen eine EU-weite Steuer einlegen. Allerdings gibt es... Quelle: dpa
...seit dem 17. Jahrhundert bereits eine Börsenumsatzsteuer im Aktienhandel. Sie beläuft sich auf 0,5 Prozent des Ankaufskurses der Aktie und bringt dem britischen Fiskus derzeit rund drei Milliarden Pfund pro Jahr. Quelle: Reuters
SchwedenEinen „Rohrkrepierer“ nennt Schwedens konservativer Finanzminister Anders Borg die Finanztransaktionssteuer. Er befürchtet, dass sie einen negativen Einfluss auf das wirtschaftliche Wachstum in der EU hätte. Schweden hat mit einer Börsensteuer bereits schlechte Erfahrungen gemacht:... Quelle: Reuters
...seit ihrer Einführung 1984 bis 1990 wanderte etwa die Hälfte des schwedischen Börsenumsatzes nach London ab. Aus diesem Grund schaffte sie der neue konservative Regierungschef Carl Bildt im Jahr 1991 wieder ab. Quelle: Reuters
Nicolas Sarkozy Quelle: rtr
Nicolas Sarkozy Quelle: rtr
ItalienDie Transaktionssteuer hat in Italien eine breite Mehrheit. Der Senat forderte Regierungschef Mario Monti auf, sich beim EU-Gipfel für deren Einführung einzusetzen - am liebsten in allen EU-Staaten. Quelle: Reuters

Die FDP ist bisher gegen eine Börsensteuer, wenn nicht alle 27 EU-Staaten mitmachen, die SPD kann sich ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und nun offenbar auch Wolfgang Schäuble eine Einführung auch nur in der Eurozone vorstellen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und acht seiner europäischen Kollegen dringen laut „Spiegel“ darauf, die Verhandlungen über die Steuer auf Finanzprodukte zu beschleunigen. „Wir sind davon überzeugt, dass eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene eingeführt werden sollte.“ Bis Mitte des Jahres solle der Prozess abgeschlossen sein und ein Kompromissvorschlag erörtert werden, „um alle Widerstände zu überwinden“.

Für die Akteure an den Finanzmärkten – allen vor die Banken – wird es allmählich ernst: nicht nur eine Transaktionssteuer droht, sondern ebenso strengere Eigenkapitalvorschriften und strengere internationale Kontrolle durch Aufsichtsbehörden. Kritiker bemängeln jedoch, dass die vermeintlichen Fesseln für die Finanzindustrie allzu zaghaft oder sogar wirkungslos sind.

Konkret müssen Banken etwa in Zukunft mehr Eigenkapital vorhalten, um für Verwerfungen an den Finanzmärkten wie etwa Zahlungsausfälle oder platzende Spekulationsblasen gerüstet zu sein. Im Verhältnis zu ihren risikogewichteten Anlagen müssen die Banken bis 2019 statt bisher zwei dann sieben Prozent Eigenkapital vorweisen – was viele Banken bereits heute können.

Das könnte allerdings auch zu wenig sein. Von der ursprünglichen Idee einer Obergrenze für den Anteil an Fremdkapital am gesamten Anlagevolumen der Geldhäuser nämlich nicht mehr viel übrig. Anstelle der klaren Schuldenbegrenzung im Anlagegeschäft ist nur eine Kann-Vorschrift geblieben, die es Banken noch dazu erlaubt, 33 mal mehr Geld zu investieren, als Eigenkapital vorhanden ist. Banken, die diese Grenzen ausloten, werden im Ernstfall mit sieben Prozent Eigenkapital nicht weit kommen.

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