Seit im September 2011 vor der Küste Zyperns ein Gasfeld entdeckt und nach der Liebesgöttin Aphroditeder benannt wurde, hoffen die Inselbewohner auf ein magisches Ende der Krise. Milliardeneinnahmen aus den Gasreserven könnten künftig die Staatskasse füllen, so die Erwartung.
„Zypern wird nun endlich und unwiderruflich der sterilen Austeritätspolitik den Rücken zukehren, die das neoliberale internationale und europäische Establishment den Ländern des Südens aufzwingt“, trumpfte der scheidende kommunistische Industrieminister Neoklis Sylikiotis im Februar auf. Damals unterzeichnete der französische Energiekonzern Total ein Abkommen zur Exploration vor der Küste.
Auch die neue Regierung des Konservativen Nikos Anastasiadis setzt auf das Gas. Selbst die Euro-Gruppe hatte zwischendurch erwogen, künftige Einnahmen bei der Berechnung der Schuldentragfähigkeit zu berücksichtigen. Mittlerweile aber ist den Euro-Finanzministern das Risiko zu hoch.
Punkte des Zypern-Pakets
Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung der Abmachung von Mitte März 2013 wurden Konten mit Guthaben von weniger als 100.000 Euro nicht angerührt. Die geplante generelle Zwangsabgabe auf Konten entfällt.
Zypern sicherte zu, sein aufgeblähtes Bankensystem zu sanieren und deutlich zu verkleinern. Die zweitgrößte Bank Laiki wurde abgewickelt. Der Branchenprimus Bank of Cyprus wurde zurechtgestutzt und übernahm den überlebensfähigen Teil von Laiki. Großanleger, Gläubiger und Anteilseigner mussten sich auf erhebliche Verluste einstellen. Bei der Bank of Cyprus wurden zunächst alle Anlagen von über 100.000 Euro eingefroren. Die Hilfsgelder wurden nicht für Finanzspritzen zugunsten der Bank of Cyprus oder Laiki eingesetzt.
Die Finanzhilfen der Geldgeber umfassen bis zu zehn Milliarden Euro. Der Internationale Währungsfonds will sich beteiligen, eine Summe steht noch nicht fest. Im Gespräch ist rund eine Milliarde Euro.
Sie soll im April stehen. Zuvor müssen nationale Parlamente wie in Deutschland noch zustimmen. Die ersten Auszahlungen aus dem europäischen Rettungsschirm ESM soll es dann im Mai geben.
Keiner weiß genau, um wie viel Gas es dabei eigentlich geht. Das staatliche Gasunternehmen Kretyk hofft auf 40 Billionen Kubikfuß, was Experten für weit überzogen halten. Die Deutsche Bank schätzt den aktuellen Wert auf weniger als die 17,5 Milliarden Euro, um die es im Rettungspaket geht. „Die volle Förderung der Felder wird Jahrzehnte dauern“, warnen die Analysten. Ein Teil des Vorkommens liege sehr tief, was die Förderung erschwere.
Kretyk-Chef Charles Ellinas schwärmt dennoch davon, wie sein Land ab 2019 den Rest Europas mit Gas beliefern könnte.
Doch solche Szenarien haben gleich mehrere Haken. Ein Flüssiggas-Terminal, wie ihn Ellinas vorschlägt, kostet rund 10 Milliarden Dollar und würde sich nur lohnen, wenn mehr Gas als bisher gefunden wird. Beobachter sehen mit großer Skepsis, dass Noble, das erste Unternehmen, das eine Lizenz für ein Gasfeld erhalten hat, für weitere Felder nicht mehr bietet.
Geopolitische Probleme
Hinzu kommen geopolitische Probleme. Die Türkei droht, sie werde ihren Markt allen Unternehmen verschließen, die mit Nikosia Gasgeschäfte betreiben. Das Land, das seit 1974 den Nordteil der Insel besetzt hält, erkennt Zyperns Regierung nicht an und behauptet, ein Teil der Gasfelder befinde sich in seinem Territorium.
Gleichzeitig schürt der Gasfund den Streit zwischen dem Norden und dem Süden der Insel. Nach dem UN-Plan von 2004 sollten Bodenschätze der Insel zwischen beiden Landesteilen geteilt werden. Der abgewählte Präsident Dimitris Christofias hat den Türken in Nordzypern versichert, sie würden einen Anteil an den Gewinnen aus dem Gas bekommen. Doch die Nordzyprioten halten dies für ein leeres Versprechen – was die Türkei als deren Schutzmacht verärgert. Mehrfach hat die Türkei Militärmanöver in der Nähe der Gasfelder abgehalten. Auch wenn dabei keine Schüsse gefallen sind, dürfte dies manchen Investor abschrecken.