Rundfunkgebühren Europa stellt die Systemfrage

Seite 3/3

Die BBC steht unter Druck

Seit eh und je werbefrei ist die britische BBC, die Mutter aller öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Die Rundfunkgebühr, die nur zahlen muss, wer ein Radio oder Fernsehgerät besitzt, liegt bei 145,50 Pfund (202 Euro). So kommen jährlich 3,7 Milliarden Pfund (4,2 Milliarden Euro) zusammen.

Doch der BBC droht Ungemach. Nach der gewonnen Unterhauswahl im Mai berief Premier David Cameon mit John Whittingdale einen scharfen BBC-Kritiker zum Kulturminister seiner Regierung. Bereits im Wahlkampf hatte er angekündigt, die Rundfunkgebühren senken zu wollen. Die Gebühr sei in ihrer derzeitigen Höhe „nicht haltbar“, ließ der ultrakonservative Politiker wissen.

Allerdings nannte er einen sehr langen Zeitraum für seine Rotstiftaktion: Er gehe davon aus, dass es bei der derzeitigen Höhe des Rundfunkbeitrages noch bis 2026 bleibe. Den Druck der konservativen Regierung dürfte die BBC jedoch bereits 2016 zu spüren bekommen, wenn das nächste Mal die auf jeweils zehn Jahre angelegte Royal Charter der BBC, ihre Finanzierungsgrundlage, neu verhandelt wird.

Noch weitaus rabiater als der Brite Whittingdale springt der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi mit den Öffentlich-Rechtlichen seines Landes um. Der Radio Televisione Italiana (Rai) will er die Rundfunkgebühr komplett streichen. Bisher kostet die Italiener die Abgabe 113,50 Euro im Jahr. Sie bringt der Rai rund 1,8 Milliarden Euro jährlich. Dabei zahlen längst nicht alle Italiener die Abgabe. Schätzungen gehen davon aus, dass sich mehr als ein Viertel der italienischen Haushalte vor der geräteabhängigen Gebühr drücken. Das ist relativ einfach, denn scharfe Kontrollen gibt es kaum.

Wegen des hohen Anteils an Schwarzsehern hatten Renzis Vorgänger erwogen, die Rundfunkgebühr einfach zusammen mit der Stromrechnung einzuziehen. Davon hält der derzeitige Regierungschef nichts. Er setzt eher auf eine populistische Lösung: Zuletzt sprachen sich mehr als zwei Drittel der Italiener für die Abschaffung der Gebühr aus.

Sollte es tatsächlich so weit kommen, wäre die Rai ausschließlich auf Werbeeinnahmen angewiesen. Schon jetzt kennt sie in puncto Werbung kaum Beschränkungen. Reklame läuft zu fast jeder Tageszeit – und sogar im Kinderprogramm.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%