Rundfunkgebühren Europa stellt die Systemfrage

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Finnen gehen dritten Weg

Einen dritten Weg zwischen geräteabhängiger Gebühr und Haushaltsabgabe haben 2013 die Finnen gefunden. Sie zahlen die sogenannte YLE-Steuer. YLE heißt der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Finnland.

Die Steuer muss von jedem Finnen über 18 Jahre entrichtet werden, unabhängig davon, ob er ein Radio oder ein Fernsehgerät besitzt. Sie liegt derzeit bei 0,68 Prozent des Jahreseinkommens. Auch Kapitaleinkünfte werden zur Berechnung hinzugezogen. Allerdings hat der Gesetzgeber sowohl eine Unter- als auch eine Obergrenze für die Rundfunksteuer definiert. Wer weniger als 7353 Euro im Jahr verdient, wird von der Steuer befreit. Gleichzeitig ist die Höhe der Steuer derzeit bei 143 Euro pro Jahr gedeckelt. Weniger als 51 Euro zahlt aber kein Finne.

Für die Finnen bedeutete der Übergang von den Rundfunkgebühren zu der YLE-Steuer eine Senkung der Abgabe. Denn die alte, bis 2013 geltende Rundfunkgebühr lag bei rund 250 Euro im Jahr. Allerdings musste sie nur von denen bezahlt werden, die tatsächlich ein Radio oder ein Fernsehgerät besaßen.

Kritiker der Steuer sehen vor allem die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender in Gefahr. Durch eine staatlich erhobene Abgabe, so fürchten sie, könnte eine Regierung auch Einfluss auf die Programmgestaltung ausüben.

Das ist auch der Grund, weshalb Schweden das Modell der finnischen Rundfunksteuer nicht übernehmen will. Zurzeit liegt die Rundfunkgebühr im größten nordeuropäischen Land bei 2076 Kronen (221 Euro). Es handelt sich um eine klassische Haushaltsabgabe. Sie dient auch der Wirtschaftsförderung in einer schwierigen Region: Die Behörde, die für die Erhebung der Rundfunkgebühren zuständig ist, wurde bewusst in Kiruna, nördlich des Polarkreises, angesiedelt, um in der äußerst dünnbesiedelten Gegend neue Arbeitsplätze zu schaffen. Kritik gibt es an den Verwaltungskosten der Behörde. Kontrolle und Verwaltung der Gebühren verschlingen jährlich über 10 Millionen Euro.

Rundfunkgebühren seit 1970

Wie in Finnland ist auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Schweden werbefrei. Damit unterscheiden sich die Skandinavier von den deutschsprachigen Ländern Europas. Dabei hätten nach dem Willen des Vaters der deutschen Haushaltsabgabe, des Verfassungsrechtlers Paul Kirchhof, ARD und ZDF mit der Einführung des neuen Rundfunkbeitrags auch die Werbung in ihrem Programm abschaffen müssen. Doch die für Rundfunkpolitik zuständigen Bundesländer mochten der Empfehlung des Juristen nicht folgen.

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