Der neue Rechtsrahmen für den Datentransfer in die USA ist nach monatelangem Tauziehen in Kraft getreten. Die Brüsseler EU-Kommission nahm am Dienstag die Regelung „EU-US-Datenschutzschild“ an. Sie legt Standards für den Umgang mit europäischen Informationen in den USA fest. Vor allem von Datenschützern kam zum Teil harsche Kritik. Die auch als „Privacy Shield“ bekannte Neuregelung war nötig geworden, nachdem der Europäische Gerichtshof die Vorgänger-Vereinbarung „Safe Harbor“ gekippt hatte. Die Luxemburger Richter sahen die Daten in den Vereinigten Staaten nicht ausreichend vor dem Zugriff von Behörden und Geheimdiensten geschützt.
Diese Probleme sind aus Sicht von EU-Justizkommissarin Vera Jourova nun gelöst: „Der Datenschutzschild unterscheidet sich fundamental von Safe Harbor“, versicherte sie. In den USA soll künftig eine Ombudsstelle über den Umgang mit Daten wachen, das massenhafte Sammeln von Informationen soll nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt sein. Der österreichische Facebook-Kritiker Max Schrems, der das EuGH-Verfahren ins Rollen gebracht hatte, kritisierte die Regelung hingegen scharf. „Das ist meilenweit entfernt von dem, was der Gerichtshof verlangt hat“, sagte er.
Kritiker bemängeln insbesondere, dass die USA im Dienste der nationalen Sicherheit weiter massenhaft Daten von Bürgern sammeln dürften. Sie könnten dies etwa im Kampf gegen Spionage, Terrorismus, Massenvernichtungswaffen oder eine Bedrohung der amerikanischen Streitkräfte.
Zustimmung zur Aussage: "Ich sehe meine Privatsphäre durch die Nutzung digitaler Technologien bedroht"
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Die innenpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im Europaparlament, Birgit Sippel (SPD), geht davon aus, das auch der Datenschutzschild vor Gericht landen wird. „Privacy Shield ist ein Schild mit vielen Datenschutz-Löchern. Kommt es zu einer Klage, ist ein erneutes Scheitern vor dem Europäischen Gerichtshof sehr wahrscheinlich“, meinte sie. US-Handelsministerin Penny Pritzker gab sich hingegen überzeugt, die Regelung werde auch juristische Verfahren überstehen.
„Traurigerweise hilft die Vereinbarung bei Datenschutz und Geschäft niemandem“, kritisierte hingegen der Direktor der Organisation European Digital Rights, Joe McNamee. Das Centrum für Europäische Politik findet den Schutz vor staatlichen Zugriffen auf personenbezogene Daten weiterhin unzureichend. Die Fraktion der Sozialdemokraten im Europaparlament sprach von einem „Schild mit vielen Datenschutz-Löchern“. Jan Philipp Albrecht, innen- und justizpolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament kritisierte, die Kommission erteile einen „Blankoscheck“ für den Transfer personenbezogener Daten in die USA und missachtet damit Forderungen aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs.
Der europäische Arbeitgeber-Dachverband BusinessEurope begrüßte die Regelung. Sie schaffe Rechtssicherheit für tausende Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks, erklärte Generaldirektor Markus J. Beyrer. „Transatlantische Datenflüsse sind wesentlich für den Erfolg der europäischen Wirtschaft und die heutige Entscheidung wird die Schaffung von Arbeitsplätzen überall in der Industrie befördern.“ Auch bei deutschen Industrie- und Digitalverbänden traf die Neuregelung auf weitgehende Zustimmung. „Privacy Shield wird den transatlantischen Datenschutz nachhaltig verbessern“, sagte Susanne Dehmel, Bitkom-Geschäftsleiterin Datenschutz und Sicherheit.
Der Bundesverband der deutschen Industrie BDI begrüßte die Neuregelung als zentrales Element für die digitale Wettbewerbsfähigkeit Europas. „Der neue Pakt schafft endlich wieder die notwendige Rechtssicherheit für den transatlantischen Datenverkehr“, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo. Der neue Rechtsrahmen sehe ein deutlich höheres Datenschutzniveau vor, betonte der Internet-Verband eco. Vor allem kleinere Unternehmen hätten jedoch nun viel Klärungsbedarf.