Das aber dürfte erst der Auftakt zur großen Geldschwemme gewesen sein. Für Ende Februar hat Draghi ein zweites Geldleihgeschäft über drei Jahre angekündigt. Wieder dürfen sich die Banken bei der EZB unlimitiert mit Geld vollsaugen. Die britische Wirtschaftszeitung „Financial Times“ berichtete in der vergangenen Woche, die Banken planten, sich dann doppelt so viel Geld bei der EZB abzuholen wie im Dezember. „Im Februar könnte es leicht eine Billion Euro werden, und wenn sich die Lage an den Märkten verschlechtert, könnte es noch mehr werden“, zitierte die „FT“ einen Banker von Goldman Sachs.
Faule Kredite
Der Grund für den Gelddurst: In diesem Jahr müssen europäische Banken für mehr als 780 Milliarden Euro fällig werdende Anleihen tilgen, davon allein 220 Milliarden im ersten Quartal, und dafür neue Anleihen ausgeben. Das Problem dabei: Viele Banken, vor allem aus den Krisenländern der Euro-Zone, sind voll geladen mit faulen Krediten und stehen auf wackeligen Beinen. Am Kapitalmarkt finden sie daher kaum noch Abnehmer für ihre Anleihen. Daher sind sie darauf angewiesen, die Papiere bei der EZB gegen frisches Geld abzuladen.
Die Währungshüter haben die Tür für die Banken weit geöffnet, indem sie die Qualitätsanforderungen an die Sicherheiten für die Geldleihe drastisch reduziert haben. Akzeptierte die EZB früher nur erstklassige Staatsanleihen als Pfand, so nimmt sie mittlerweile auch einfache Bankkredite als Sicherheit an. Hinzu kommt, dass die nationalen Zentralbanken der einzelnen Euro-Länder beim nächsten großen Leihgeschäft im Februar weitestgehend selbst entscheiden können, welche Sicherheiten sie von den Geschäftsbanken akzeptieren. „Es fehlt nicht mehr viel, dann können sich die griechischen Banken gegen Klopapier als Sicherheit Geld bei ihrer Zentralbank leihen“, heißt es in Bankerkreisen.
Für die Banken ist das ein toller Deal. Sie geben eigene Anleihen aus, reichen sie bei der Notenbank als Sicherheiten ein und besorgen sich im Gegenzug Zentralbankgeld zum Minizins von einem Prozent. Mit einem Teil des Geldes tilgen sie ihre fälligen Altanleihen. Mit dem restlichen Geld kaufen sie höher verzinsliche Staatsanleihen und finanzieren die Leistungsbilanzdefizite sowie die Kapitalflucht aus ihren Ländern.
Fatale Folgen
Die volkswirtschaftlichen Folgen der Politik sind fatal. Schon das Geld aus dem Leihgeschäft im Dezember haben die Banken auf Druck ihrer Regierungen zu einem großen Teil in Staatsanleihen der Krisenländer investiert. Damit haben sie die Kurse nach oben und die Renditen nach unten gedrückt. So hat sich der Effektivzins für dreijährige italienische Staatsanleihen seit seinem Hoch im November von über 7,0 auf 3,5 Prozent mehr als halbiert, der für spanische Anleihen gleicher Laufzeit ist von 6,1 auf 2,6 Prozent gesunken.
Für die Finanzminister der Mittelmeerländer ist das eine tolle Sache, sie können sich jetzt billiger verschulden als noch vor ein paar Wochen. Doch der Reformdruck von den Märkten ist futsch. In Italien hat Monti zwar mit der Reform des Rentensystems und der Liberalisierung einzelner Branchen begonnen. Doch ob ihm auch die alles entscheidende Reform des Arbeitsmarktes gelingt, ist völlig offen. „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die italienischen Parlamentierer ihrem Regierungschef nur folgen, wenn ihnen der Angstschweiß vor der strafenden Hand des Kapitalmarktes auf der Stirn steht“, sagt Commerzbank-Chefökonom Krämer. Das Risiko ist hoch, dass Montis Nachfolger die Zügel wieder schleifen lässt, wenn der Druck der Märkte ausbleibt. Dann dürfte rasch der Ruf nach weiteren Hilfen aus Berlin laut werden. Nicht ohne Grund macht Monti hinter den Kulissen schon seit Wochen Druck auf Angela Merkel, dem Euro-Rettungsschirm ESM mehr Geld zur Verfügung zu stellen.