




Völlig überraschend beendete der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Thomas Jordan, am 15. Januar die Franken-Mindestkurs-Politik gegenüber dem Euro, die am 6. September 2011 aufgrund einer "massiven Überbewertung des Schweizer Franken" eingeführt worden war.
Die Märkte reagierten schockiert, denn schließlich hatte doch Jordan seit Jahren und zuletzt noch am 5. Januar beteuert, dass die Verteidigung des Mindestkurses für die Geldpolitik der SNB absolut "zentral" sei, und die Notenbank die Macht und den Willen habe, dafür "beliebig viel Geld" zu drucken. Wer jedoch an dieses "whatever-it-takes"-Versprechen und risikolose "don´t-fight-the-central-banks"-Gewinne geglaubt hatte, wurde binnen weniger Sekunden von massiven Verlusten überrascht.
Wie Mario Draghi die Märkte mit Geld fluten kann
Die EZB könnte massenhaft Anleihen aufkaufen und selbst das Risiko in ihre Bücher nehmen. Sie würde sich dabei am Anteil der jeweiligen Notenbanken am Grundkapital der EZB orientieren, das je nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftsleistung der Länder unterschiedlich hoch ist. Draghi vermied es bislang, eine konkrete Zahl für die Käufe ins Schaufenster zu stellen. Doch strebt der EZB-Rat eine Ausweitung der Bilanz auf das Volumen von Anfang 2012 an. Damit müsste die EZB rund eine Billion Euro in die Hand nehmen. Mit dem eingeleiteten Kauf von Hypothekenpapieren und Pfandbriefen dürfte diese Summe nicht annähernd zu erreichen sein. Allerdings könnte die EZB das Spektrum um private Anleihen erweitern.
Kritiker befürchten, dass solide wirtschaftende Länder am Ende für Krisenstaaten haften müssen. Sollten Papiere - etwa von Griechenland - ausfallen, müsste auch der deutsche Steuerzahler bluten. Der niederländische Notenbank-Chef Klaas Knot sieht darin ein Problem: "Wir müssen vermeiden, dass über die Hintertür der EZB-Bilanz Entscheidungen getroffen werden, die den demokratisch legitimierten Politikern der Euroländer vorbehalten bleiben müssen." Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma wäre eine Ankauf durch die jeweiligen Notenbanken der Euro-Staaten.
Draghi könnte den Bedenken gegen eine zu große Haftungsübernahme durch die EZB mit einer Kompromisslösung Rechnung tragen: Die EZB würde demnach nur einen Teil der Ankäufe übernehmen und es den Notenbanken der einzelnen Länder überlassen, bis zu einem gewissen Limit auf eigenes Risiko am Markt aktiv zu werden. Damit würde Draghi womöglich die Bundesbank und andere Gegner besänftigen. Ob eine solche Aufgabenteilung aber reibungslos funktioniert und ein ausreichend großes Volumen zustande kommt, ist offen. Genauso wie die Frage, ob die EZB am Donnerstag tatsächlich bereits den Knopf drücken wird.
Bei diesem Modell verbliebe das Risiko bei den einzelnen Staaten. Die EZB würde den Beschluss fassen, dass die Zentralbanken von Portugal bis Finnland Papiere erwerben können und ihnen dafür ein Limit setzen. Der französische Notenbank-Chef Christian Noyer ist für "eine prozentuale Obergrenze". Private Anleger müssten weiterhin die Mehrheit der Anleihen halten. Dies würde theoretisch bedeuten, dass die einzelnen Notenbanken insgesamt bis zu 49,9 Prozent der ausstehenden Verbindlichkeiten des jeweiligen Landes aufkaufen dürften. Da der Schuldenberg der Euro-Staaten insgesamt mehr als neun Billionen Euro groß ist, wäre ein solches Programm jedoch überdimensioniert. Die Obergrenze, falls sie überhaupt kommuniziert wird, dürfte weit niedriger liegen.
Würde sich die EZB selbst heraushalten, könnte ihr dies als Führungsschwäche ausgelegt werden: "Das wäre keine einheitliche Geldpolitik mehr", warnt der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher. Auch ein Modell, wonach sich die Ankäufe an der Summe der ausstehenden Staatsanleihen eines Landes orientieren würde, gilt als heikel: Dann wäre Italien, das Heimatland Draghis, der größte Nutznießer. Rund ein Viertel aller ausstehenden Staatsanleihen im Euro-Raum wurde von der Regierung in Rom ausgegeben.
Gegner des Programms wie etwa Bundesbank-Chef Jens Weidmann befürchten, dass die EZB den Staaten "Fehlanreize" bieten würde, ihre Reformanstrengungen zu vermindern. Denn durch den massenhaften Ankauf von Verbindlichkeiten der Staaten kommen diese Länder am Markt günstiger an frisches Geld.
Ökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe erwartet zum Beispiel, dass sich der EZB-Rat noch nicht auf Umfang, Dauer und Zusammensetzung der Käufe durchringen kann. Dann würde die EZB nur einen Grundsatzbeschluss fassen. Draghi müsste im März alle Details nachliefern.
Bis dann dürfte sich auch der Rauch nach den Parlamentswahlen in Griechenland verzogen haben. Denn das von IWF und EU vor der Pleite gerettete Land könnte eine Kehrtwende einleiten. Die zentrale Frage lautet: Bleibt es auf Reformkurs oder kommt es zur Abkehr von den Rettungsprogrammen? Ein Ankauf griechischer Staatspapiere dürfte sich bei der letzten Variante für die EZB verbieten.
Ob die Begegnung mit dem ersten schwarzen Notenbank-Schwan dem nahezu grenzenlosen Vertrauen der Marktakteure in die Allmacht der Notenbanken nun einen ersten Dämpfer oder gar mehr versetzt hat, bleibt abzuwarten. Denn der SNB-Chef blieb eine Erklärung dafür schuldig, warum er dem vermeintlich konsequenzfreien Gelddrucken jetzt doch so plötzlich abschwor.
Stattdessen zog er es vor, der heimischen Wirtschaft einen beispiellosen Aufwertungsschock zuzumuten beziehungsweise das Negativzinsexperiment auf SNB-Einlagen durch eine Erhöhung auf nunmehr minus 0,75 Prozent weiter voranzutreiben.
Letztlich dürfte der vom Europäischen Gerichtshof abgenickte Entschluss der Europäischen Zentralbank (EZB), unlimitiert in die Staatsfinanzierung mit der Druckerpresse einzusteigen die SNB überzeugt haben, die Quasi-Eurozonen-Mitgliedschaft der Schweiz sofort – unter Inkaufnahme eines hohen Preises für die Wirtschaft und eines Verlustes der eigenen Glaubwürdigkeit – aufkündigen zu müssen.
Während das Misstrauensvotum der SNB in Richtung EZB und ihre zukünftige Tsunami-Währung hätte kaum drastischer ausfallen können, verkündete EZB-Chef Mario Draghi davon gänzlich unbeeindruckt am 22. Januar ein Gelddruckprogramm in Höhe von sagenhaften 1.140 Milliarden Euro, welches die hohen Erwartungen der Marktteilnehmer gar noch übererfüllte.
Die sieben größten Ängste der Deutschen
41 Prozent fürchten sich vor einer schlechten Wirtschaftslage.
Quelle: R+V-Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“
43 Prozent sorgen sich vor Spannungen durch Ausländer.
Skeptisch bewerten die Deutschen die handelnden Politiker: 44 Prozent haben Angst, dass diese überfordert sind.
47 Prozent fürchten sich vor schweren Erkrankungen.
Rund 2,5 Millionen Pflegebedürftige gibt es in Deutschland – Tendenz steigend. Dementsprechend hoch ist auch die Besorgnis der Deutschen, im Alter anderen als Pflegefall zur Last zu fallen. Mit 51 Prozent liegt dieses Thema gemeinsam mit der Furcht vor Naturkatastrophen auf Platz 2.
Überschwemmungen durch Starkregen, Hagel, Stürme: Mit 51 Prozent liegt die Furcht vor zunehmenden Naturkatastrophen auf Platz 2 der Ängste-Skala – gleichauf mit der Angst vor Pflegebedürftigkeit.
Die Furcht vor steigenden Lebenshaltungskosten steht mit 58 Prozent an der Spitze.
Als Hauptgrund für den demnächst alle glücklich und reich machenden Geldsegen musste das von der EZB seit Monaten beschworene Deflationsgespenst herhalten, denn schließlich ist eine Währung nach Vorstellungen der Währungshüter nur dann ein gute, wenn sie jährlich stabil an Kaufkraft verliert. Blickt man jedoch auf die Geldmengenausweitung oder den Konsumentenpreisindex in Europa ist von einer Deflation, die Draghi und Co mantraartig beschwören, weit und breit nichts zu sehen.
Daher kann der fulminante Einstieg in die Staatsfinanzierung der sich damit selbst zur Imperatorin Europas krönenden EZB also nur dazu dienen, die Aufschuldung in der Eurozone weiter zu befeuern, willkürlich Haftungsrisiken umzuverteilen, Zinsanstiege für die zahlreichen Staatspleiten-Kandidaten der Eurozone zu verhindern und besonders die Spekulationsverluste des bankrotten Bankensektors zu sozialisieren.
Damit wird die "Liralisierung" des einst als Hartwährung konzipierten Euros zur Rettung einer fixen Politiker-Idee nun endgültig traurige Gewissheit.
Zu den Autoren
Martin Mack, ist geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Vermögensverwaltung Mack & Weise, die in zwei vermögensverwaltenden Aktienfonds über 300 Millionen Euro Kundengelder verwaltet.
Herwig Weise ist geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Vermögensverwaltung Mack & Weise.
Nachdem in Griechenland entgegen aller guten Ratschläge aus Europa Ende Januar nun auch noch die verhasste fremdherrschaftliche Troika-Sparpolitik abgewählt wurde und diese schon in Kürze auch in Spanien oder Frankreich abgewählt werden könnte, ist zu erwarten, dass in der Eurozone schon bald das große Verkünden von noch fauleren (Rettungs-)Kompromissen losgeht.
Um das Auseinanderbrechen einer Währungsunion zu verhindern, die sich nur noch über gegenseitige Erpressung, die flexible Neuinterpretation von Verträgen und ungebremster Aufschuldungswünsche definiert, wird die EZB letztlich alle Ausgaben der reformunfähigen Wohlfahrtsstaaten bedingungslos per Druckerpresse finanzieren (müssen). Für die Wirtschaft und die Währungsstabilität in Europa kann diese Entwicklung jedoch nur katastrophale Folgen haben.
Auch wenn dem Goldpreis von der globalen Bank-Analystenschar für dieses und auch für das kommende Jahr keine glänzende Zukunft vorhergesagt wird, konnte der Goldpreis im Januar dennoch gegen fast alle Inflationswährungen zulegen. Da im Januar aber auch der weltweite Währungskrieg durch die EZB und die postwendend erfolgten Zinssenkungen zahlreicher anderer Notenbanken eine enorme Beschleunigung erfuhr und auch der das Geldsystem ad absurdum führende Trend zu Negativzinsen.
Aktuell rentieren bereits kurz laufende Staatsanleihen mit einem Volumen von 1,3 Billionen Euro im negativen Bereich! – nicht mehr aufzuhalten zu sein scheint, wird ein die Notenbank-Planwirtschaft beendender Vertrauensentzug – und damit eine Flucht ins Gold – immer wahrscheinlicher.