„Wir haben 45 Tage Zeit, einen Plan zu entwickeln, wie die Bank abgewickelt werden soll. Den stellen wir dann der Europäischen Kommission vor, die ihr Okay geben muss“, erklärt Schuster. Der Grund: Garantien in Höhe von 540 Millionen Euro, die die Bank derzeit liquide halten, kommen von der Nationalbank. Die wiederum bedient sich aus Mitteln der „Emergency Liquidity Assistance“, kurz: ELA, einer paneuropäischen Einrichtung. Banken in Belgien, Griechenland, Irland und Zypern haben ELA-Leistungen bisher in Anspruch genommen. Nun gehört auch Slowenien zu diesem wenig ruhmreichen Klub. Doch die Entscheidung der Euro-Partner, Geld abrufen zu dürfen, ist vorerst nur temporär.
„Die Lage in Slowenien ist ernst“, sagt Schuster. Nicht nur „seine“ Bank, auch die „Probanka d.d.“ wird abgewickelt. Weitere Großbanken des Landes werden derzeit unter die Lupe genommen und sollen rekapitalisiert werden. Bis zu 7,5 Milliarden Euro, mehr als ein Fünftel der Wirtschaftsleistung Sloweniens, könnten benötigt werden.
Wissenswertes über Slowenien
Das kleine Slowenien hat vier Nachbarn: Österreich, Italien, Ungarn und Kroatien. Trotz seiner relativ kleinen Staatsfläche von gut 20.000 Quadratkilometern ist es sehr vielseitig. Im Norden ist die Landschaft alpin, hier befindet sich auch der höchste Berg: der 2864 Meter hohe Triglav. Im äußersten Südwesten des Landes liegt die nur 46,6 Kilometer lange Adria-Küste.
Seit seiner Unabhängigkeit 1991 hat das Land schon sieben Premierminister verschleißt. Das ergibt eine durchschnittliche Amtszeit von 2,6 Jahren.
In Slowenien lebt eine der größten Populationen des Braunbären in Europa. Es soll zwischen 500 und 700 Exemplare geben.
Der Kampf für die Unabhängigkeit Sloweniens 1991, auch bekannt als 10-Tage-Krieg, war der erste Krieg in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Trotz der kurzen Dauer gab es 76 Opfer zu beklagen.
Die zumindest 45.000 Jahre alte und in Slowenien gefundene Neandertaler-Flöte ist eines der ältesten Musikinstrumente der Welt.
Der Speisessaal des Kohlebergwerks in Velenje, 160 Meter unter der Erdoberfläche, ist der am tiefsten gelegene Speisesaal in Europa. Der Raum ist ungefähr 15 Meter lang, dort gibt es zwölf Tische, an denen 48 Menschen essen können.
In Slowenien befindet sich der höchste Industrieschornstein Europas. Der Schornstein des Wärmekraftwerks in Trbovlje ist 362 Meter hoch. Mit der ungewöhnlichen Höhe wollte man die Luftverschmutzung in niedrigeren Luftschichten verhindern.
Der Slowene Davo Karničar ist als Erster vom höchsten Gipfel der Erde, dem Mount Everest, mit Skier hinab gefahren. Karničar war auch der erste Mensch der Welt, der alle höchsten Gipfel auf sieben Kontinenten mit Skiern bezwang.
In Maribor, der zweitgrößten Stadt Sloweniens, wächst der älteste Weinstock der Welt. Obwohl die „Alte Rebe“ über 400 Jahre alt ist, werden aus ihren Trauben alljährlich noch immer 25 Liter Wein der autochthonen Weinsorte Žametovka („Blauer Kölner“) hergestellt.
„Wir müssen die Entwicklung abwarten“, sagt Schuster. Wichtig sei, dass die Bürger die Ruhe bewahren. „Die kontrollierte Auflösung hat zur Folge, dass die Regierung für alle Einlagen zu 100 Prozent haftet. Egal, wie hoch die Sparguthaben sind.“ Alles Weitere sei Spekulation. Es gelte nun, die eigenen Hausaufgaben zu machen. Dazu gehört auch: Das Kreditvolumina drastisch runterzufahren. Bei den solventen Kunden ist das kein Problem. Die gehen freiwillig bzw. sind längst weg. „Wir haben die Bilanzsumme von über 900 Millionen Euro gleich in den ersten Tagen um einen zweistelligen Millionenbetrag reduziert“, sagt Schuster.
Weitere Millionen könne man wohl noch recht einfach drücken, doch dann werde es schwierig. Mehr möchte Schuster nicht sagen. WirtschaftsWoche Online hat mit slowenischen Journalisten, ehemaligen Mitarbeitern der „Factor Banka“ und Behördenmitarbeiter gesprochen. Was dabei zu Tage kommt, ist erschreckend.
Die Bank hat unmittelbar nach der Jahrtausendwende praktisch Jedem Kredit gewährt – und darüber hinaus einen dreistelligen Millionenbetrag in Großprojekten verzockt. „Man habe sich verkalkuliert“, räumt eine Ex-Führungskraft ein, die sich und ihre ehemaligen Chefs schützen und anonym bleiben will. Der ehemalige Mitarbeiter verrät: Rund 300 Millionen Euro, ein Drittel des gesamten Kreditportfolios, seien in Immobilienprojekten versenkt worden. Vor allem in Slowenien, in Bulgarien und im Kosovo.