Schuldenkrise Zehn Fragen und Antworten zum griechischen Drama

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Griechenlands Target-Saldo deutlich im Minus

5. Welche Rolle spielt die EZB bei der Finanzierung Griechenlands?

Nach Angaben von EZB-Chef Mario Draghi hat sein Institut Griechenland bisher Kredite im Gesamtumfang von 68 Prozent des griechischen BIPs gewährt. Faktisch hängt das Mittelmeerland am Tropf der Frankfurter Währungshüter. Einen großen Teil der Kredite haben die Griechen benutzt, um die Kapitalflucht zu finanzieren. Das spiegelt sich in dem negativen Saldo der griechischen Notenbank im Target-Zahlungsverkehrssystem wider, über das die Notenbanken der Euro-Zone grenzüberschreitende Überweisungen abwickeln. Bei einem negativen Target-Saldo sind die Zahlungsabflüsse an das Ausland größer als die Zuflüsse von dort. Der Target-Saldo Griechenlands lag im Februar bei minus 91 Milliarden Euro. Um den Kapitalabfluss zu finanzieren, haben sich die Geschäftsbanken Zentralbankgeld von der griechischen Notenbank geliehen und dafür unter anderem die Fazilität für Notkredite (Emergency Liquidity Assistance, kurz ELA) in Anspruch genommen. Der EZB-Rat hat die ELA-Kredite bisher nicht gestoppt – obwohl diese nur an solvente Banken vergeben werden dürfen, die Banken in Griechenland hingegen faktisch pleite sind. Damit betreibt die EZB Konkursverschleppung.

Die Voten des Bundestags zu Griechenland-Hilfen

6. Was passiert, wenn die Griechen ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen können?

Stellt die Regierung ihre Zahlungen an die Beamten und heimischen Lieferanten des Staates ein, bleiben die Folgen auf Griechenland beschränkt. Anders sieht es jedoch aus, wenn Athen die Bedienung seiner Schulden gegenüber ausländischen Gläubigern verweigert. Schon das Ausbleiben von Zinszahlungen wird als Staatsbankrott gewertet. Dann müssen die Halter von griechischen Staatsanleihen ihre Forderungen abschreiben. Das träfe in erster Linie die griechischen Banken. Deren Eigenkapital aber reichte kaum, um die Verluste auszugleichen, zumal es in erheblichem Maße auf Steuerforderungen gegenüber dem Staat beruht. Geht dieser pleite, sind auch die Steuerforderungen nichts mehr wert (siehe WirtschaftsWoche 9/2015). In diesem Fall müssten die Banken rekapitalisiert werden. Ob die dafür bisher vorgesehenen knapp elf Milliarden Euro reichen, ist fraglich. Notfalls müssten wohl die Steuerzahler der Geberländer – beispielsweise durch Anleihen des Euro-Rettungsschirms ESM – einspringen. Vor allem deutsche Steuerzahler würden bei einer Staatspleite Griechenlands kräftig zur Ader gelassen. Durch Abschreibungen auf bilaterale und multilaterale Kredite entstünden ihnen nach Berechnungen von Hans-Werner Sinn, Chef des Münchner ifo Instituts, Kosten von bis zu 86 Milliarden Euro.

7. Welche Möglichkeiten hat die Euro-Gruppe, einen Staatsbankrott Griechenlands zu verhindern?

7,2 Milliarden Euro umfasst die letzte noch nicht ausgezahlte Tranche aus dem laufenden Hilfsprogramm für Griechenland – Geld, das die griechische Regierung so schnell wie möglich erhalten möchte. Allerdings wollen die Finanzminister den Betrag erst freigeben, wenn Griechenland Reformen umsetzt. Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem hat angedeutet, dass er sich eine Auszahlung in Raten vorstellen kann, wenn die griechische Regierung glaubwürdig nachweist, dass sie die Vorgaben erfüllt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat sich allerdings schon dagegen ausgesprochen. Auch aus Finnland kommt ein deutliches Nein zur Teilung der Tranche. Dort wird am 19. April gewählt. Eine Teilauszahlung vorher ist politisch völlig undenkbar.

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