




Griechenland von oben sieht wunderbar aus. Von seinem Bürofenster aus überblickt Ioannis Emiris, CEO des griechischen Privatisierungsfonds HRADF, das Häusermeer von Athen. Im Flur vor seinem Büro reihen sich farbenfrohe Luftaufnahmen von Objekten aneinander, die er alle noch verkaufen will.
Aus der Nähe betrachtet hat Emiris einen undankbaren Job. Der frühere Investmentbanker mit einem MBA der Columbia Business School soll die schleppende Privatisierung in Schwung bringen. Bisher fiel das Programm zur Veräußerung griechischen Staatsbesitzes vor allem dadurch auf, dass die Ziele kontinuierlich nach unten revidiert wurden. Ursprünglich war von 50 Milliarden Euro die Rede, die bis 2015 in die Staatskasse fließen sollten. Nun geht der Internationale Währungsfonds (IWF) davon aus, dass sich die Privatisierungserlöse bis dahin auf nur 6,3 Milliarden Euro summieren werden.
Griechenlands Schwächen
Griechenlands Ruf hat in der Euro-Krise arg gelitten. Nur zwei der 60 getesteten Staaten haben ein schlechteres Image als der Pleitestaat. Die Folge: Investoren meiden das Land, die Kreditwürdigkeit ist mies.
Nur 5,7 Prozent der gefragten Experten bescheinigten Griechenland, eine kompetente Regierung zu haben. In der Tat hat es Athen nicht geschafft, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen (Rang 60), für Wachstum zu sorgen (Rang 60) und die öffentlichen Finanzen auf Vordermann zu bringen.
Auch bei der Bildung und Weiterbildung der Bürger hat Griechenland großen Nachholbedarf. Fortbildung von Angestellten gibt es quasi nicht (Platz 58), auch die Qualität der Universitäten ist schlecht (Rang 51). Demzufolge gibt es auch wenige Forscher und Wissenschaftler (Rang 49). Besser schneidet der Krisenstaat bei der Frühförderung ab: Es gibt eine Vielzahl von Lehrern, die Klassen sind sehr klein (Rang 2).
Alleine im vergangenen Jahr wurde das Ziel zwei Mal reduziert, um dann doch noch verfehlt zu werden. Innerhalb der Behörde gelten die Ziele mittlerweile als kontraproduktiv, weil sie nach außen signalisieren, mit welchen Einnahmen gerechnet wird.
Die schleppende Privatisierung schadet Griechenland in doppelter Hinsicht. Es fehlen dringend benötigte Einnahmen – und ein ebenso notwendiger Wachstumsschub. Nach der aktuellen Planung haben die Staatsschulden im vergangenen Jahr den Höchststand von 175,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht, um in den kommenden Jahren nur langsam zu sinken (siehe Grafik). Erst 2022 sollen sie laut Prognose unter den Zielwert von 120 Prozent des BIPs fallen, der als Maßstab für die Schuldentragfähigkeit gilt.
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Die ursprünglich aus der Privatisierung erhofften 50 Milliarden Euro ergaben sich ohnehin aus einer Leerstelle in den Kalkulationen. Der Betrag fehlte im Programm, und die griechische Regierung suggerierte, dass Privatisierungen die Lücke schließen könnten.
Der erste CEO des Privatisierungsfonds, Kostas Mitropoulos, der sich vor zwei Jahren entnervt von dem Job zurückzog, sieht in den Privatisierungen einen großen Marsch zu mehr Wachstum. Er schätzt, die Veräußerungen könnten die ausländischen Direktinvestitionen bis 2020 um 25 Milliarden Euro steigen lassen, was das Wachstum um drei Prozent ankurbeln und 150.000 Jobs schaffen würde.