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Schuldenkrise Holland hat genug vom Sparen

In einer Woche wählen die Niederlande ein neues Parlament. Einiges deutet auf einen Linksrutsch hin, vieles auf eine Abkehr vom Sparkurs. Die Wirtschaft ist besorgt, Europa könnte ein weiterer Stützpfeiler wegbrechen.

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Die goldenen Zeiten der Niederlande sind vorbei. Das Land steckt in der Wirtschaftskrise. Vor den Parlamentswahlen am 12. September streiten die Parteien um den richtigen Weg aus der Krise. Quelle: dpa

Das weiße Hemd ist blutgetränkt, in den Händen hält Emilie Roemer eine Kettensäge. Der Lehrer aus dem kleinen Ort Boxmeer, nahe der deutschen Grenze, grinst triumphal. Vor allem wohlhabende Niederländer sind in Sorge. Sie fürchten, dass Roemer, Spitzenkandidat der Sozialisten, die Parlamentswahlen in einer Woche gewinnen könnte – und zum Rundumschlag ansetzt. Der 50-Jährige will die Einkommenssteuer für Wohlhabende auf 65 Prozent heraufschrauben und den Sozialstaat ausbauen. "Wenn Roemer Ministerpräsident wird, gehen wir in die Schweiz", warnen die Initiatoren sinngemäß mit der martialischen Anzeige in dem Magazin "Quote".

Sie sollten vorsichtshalber schon einmal die Koffer packen. In Umfragen liegt die "Socialistische Partij" (SP) von Roemer mal vor den Konservativliberalen des noch amtierenden Premiers Mark Rutte, mal gleichauf. Mit einigem Abstand folgen die Freiheitspartei des Rechtspopulisten Geert Wilders sowie die Christ- und die Sozialdemokraten.

Die wichtigsten Parteien - und ihre Chancen

"Die europakritischen Parteien am linken und rechten Rand haben an Stärke gewonnen. Ich hoffe aber, dass die Vernunft siegt und am Ende regiert“, sagt Axel Gerberding, Geschäftsführer der Deutsch-Niederländischen Handelskammer in Den Haag. "Die Niederländer sind eigentlich pragmatisch und gut informiert. Aber es gibt derzeit keine eindeutige Mehrheit, die Wahl wird sehr spannend."

Roemer hält sparen für kontraproduktiv

Sollten die Sozialisten die Wahlen am 12. September tatsächlich gewinnen und eine Regierung stellen können, würde Deutschland einen wichtigen Verbündeten für seine Politik in der Euro-Zone verlieren. Die Niederlande zählen zu den reichsten Ländern der Euro-Zone und tragen einen bedeutenden Anteil an den Rettungspaketen für die Pleitestaaten in Südeuropa. Die Regierung von Mark Rutte stütze bislang Bundeskanzlerin Angela Merkel, die einen harten Sparkurs zur Lösung der Schuldenkrise verlangt.

Die Niederländer reißen seit Jahren die Maastricht-Neuverschuldungs-Grenze von drei Prozent des BIPs. (für eine detaillierte Ansicht klicken Sie bitte auf die Grafik) Quelle: wiwo

Roemer will davon nichts wissen. In der Krise zu sparen, hält der Sozialist für kontraproduktiv. An die Maastricht-Kriterien, wonach das Haushaltsdefizit nicht über 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen darf, fühlt sich Roemer nicht gebunden. "Wenn sich nach allen Investitionen herausstellen sollte, dass das Defizit etwas über drei Prozent liegen sollte, dann darf die Politik sich doch nicht davon leiten lassen, dass wir 1992 einen Vertrag beschlossen haben, der heute nicht mehr zeitgemäß ist", erklärte Roemer im Wahlkampf. "Ich bin Politiker geworden, nicht Buchhalter."

So ist es auch logisch, dass Roemer den erst im April beschlossenen Sparplan des Landes infrage stellt und schmerzhaft Strukturreformen auf die lange Bank schiebt. Die niederländische Wirtschaft, die in der Rezession steckt, ist besorgt.

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