Schuldenkrise "Die Euro-Zone wird in dieser Form keinen Bestand haben"

Seite 3/4

„Nach zehn Jahren sind 25 Prozent ihres Vermögens weg“

Wo die Inflation zuschlägt
Die Inflation frisst das Vermögen auf. Im Dezember lag die Preissteigerungsrate zwar nur bei 2,1 Prozent, von einer Preisexplosion ist Deutschland 2012 verschont geblieben. Jedoch machen die niedrige Zinsen vielen Anleger zu schaffen. Vor einigen Jahren konnten Anleger mit dem Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen solider Schuldner noch einen realen Vermögenerhalt genieren. Heute ist dies nicht mehr möglich. Gleichzeitig schrecken die großen Schwankungen an den Aktienmärkten viele Sparer von einem Investment ab. Wir zeigen ihnen mit welchen Vermögenswerten sich die Inflation ausgleichen lässt. Quelle: dpa
GeldmarktAm Geldmarkt ist momentan nicht viel zu holen. Die Niedrigzinspolitik der EZB drückt die Renditen von Sparbuch und Tagesgeld. Im Durchschnitt erzielten Anleger mit ihrem Tagesgeldkonto eine Rendite von 0,74 Prozent . Noch schlechter fuhren Sparer mit ihrem Sparbuch. Gerade einmal 0,37 Prozent gab es im Durchschnitt. Die Inflation lässt sich damit nicht ausgleichen. In Deutschland sind beide Anlageobjekte trotzdem nach wie vor der Renner. Quelle: gms
Deutsche StaatsanleihenDeutsche Staatspapiere gelten am Markt nach wie vor als sichere Anlage. Schließlich genießt die Bundesrepublik noch immer Triple-A-Status. Die Zinsen für deutsche Bundespapiere gingen dagegen im letzten Jahr dramatisch zurück. Gerade einmal 0,45 Prozent erhielten Anleger als Zinsgutschrift. Nach Abzug der Inflation steht damit ein realer Vermögensverlust von knapp 1,5 Prozent. Quelle: dpa
UnternehmensanleihenVor einigen Jahren standen Unternehmensanleihen aus den USA und Deutschland bei Anlegern hoch im Kurs. Schließlich lag der Zinskupon weit über der Inflationsrate. Zudem lag das Insolvenzrisiko deutlich niedriger, als vor der weltweiten Banken -und Staatsschuldenkrise. Heute werfen Unternehmensanleihen im Durchschnitt 1,66 Prozent ab. Allerdings liegen die Anleihen aus Deutschland deutlich vor ihren amerikanischen Konkurrenten. Mit einer Rendite von knapp über zwei Prozent gleichen deutsche Unternehmensanleihen sogar knapp die Inflationsrate aus. Die meisten amerikanischen Firmen bieten dagegen Zinsen weit unter zwei Prozent. Quelle: dpa
Anleihen SchwellenländerBrasilien gehört zweifelsohne zu den künftigen Wirtschaftsmächten dieses Planeten. Mit steigender Bonität und Attraktivität für ausländische Investoren dürfte der Refinanzierungssatz in den kommenden Jahren deutlich sinken. Heute liegt die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen aber noch bei knapp neun Prozent. Auch andere Schwellenländer bieten noch attraktive Zinssätze. Im Durchschnitt liegt dieser bei 2,29 Prozent. Quelle: dpa
Aktienmarkt - DividendenrenditeGerade einmal jeder fünfte deutsche Anleger investiert sein Geld in Aktien. Und das obwohl der Dax im abgelaufenen Jahr einen seiner besten Jahre aller Zeiten hingelegte. Einen Kursgewinn von knapp 30 Prozent verbuchte der deutsche Leitindex im Jahr 2012. Neben den Kursgewinnen profitierten die Anleger auch von soliden Dividendengewinnen. Im Durchschnitt betrugen diese im Dax 2,42 Prozent und lagen damit höher als in den amerikanischen Indizes. Anleger sollten einen Blick auf Unternehmen werfen, die über Jahre hinweg konstante Dividenden zahlten. Allerdings bleiben die Kursschwankungen ein nicht zu unterschätzendes Risiko und können die Dividendenrendite gegebenenfalls weit übersteigen. Quelle: rtr
Junk-BondsGemessen am aktuellen Zinsniveau sind Anleihen mit niedriger Bonität, umgangssprachlich auch Ramsch-Anleihen oder Schrottanleihen, der absolute Rendite-Knüller. Im Durschnitt kommen die Zocker-Papiere auf eine Rendite von 3,81 Prozent. Griechische Staatsanleihen bringen momentan, abhängig von der Laufzeit, eine Rendite von bis zu 30 Prozent - diese Papiere sind aber nur sehr wagemutigen Anlegern zu empfehlen. Quelle: dapd

Momentan wird die Währungsunion in ihrer jetzigen Form durch Transferzahlungen und der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank am Leben gehalten. Zahlen die Sparer die Zeche für Undiszipliniertheiten in den südeuropäischen Ländern?

Max Otte: Das ist zweifellos so. Die Nominalzinsen liegen derzeit bei 0,5 Prozent, bestenfalls bei 1,0 Prozent. Die Inflationsrate liegt gleichzeitig bei 2,0 Prozent – offiziell. Wenn Sie mich fragen, ist die Teuerungsrate aber viel höher. Das Statische Bundesamt gewichtet ihren Warenkorb zur Berechnung der Inflation falsch. Wichtig für den Durchschnittsbürger sind doch die Kosten für Miete, Nahrungsmittel, Energie und Dienstleistungen. Deren Preise steigen doch mit mehr als zwei Prozent. Da sind sie eher bei einer Inflationsrate von 4,0 Prozent. Sprich: Unterm Strich verlieren sie im Jahr drei Prozent. Das klingt nicht nach viel. Aber nach zehn Jahren sind 25 Prozent ihres Vermögens weg.

Frank Schäffler: Wenn wir diesen Weg in der Euro-Rettung weitergehen, wird der Sparer schleichend, signifikant und kalt enteignet. Das kann fatale Folgen haben: Denn die Bürger werden sich sagen: Wozu soll ich dann noch sparen? Die Sparer, die im Alter unabhängig sein wollten, sind plötzlich abhängig vom Staat. Das wird dazu führen, dass keiner mehr spart und die Mitte der Gesellschaft auseinanderbricht. Dann wird es nicht lange dauern und die Menschen werden am System, an der Demokratie, zweifeln. Wir müssen hier und jetzt für Marktwirtschaft kämpfen.

Was seit Jahresbeginn aus 100.000 Euro geworden ist
Silber62.510 EuroZu den größten Geldvernichtern gehörte die Anlage in Silber. Hätte man am 1. Januar 2013 100.000 Euro in Silber investiert, wäre das Investment am Ende des ersten Halbjahres nur noch 62.510 Euro wert. Silber gilt nicht nur als Schmuck- und Anlagemöglichkeit, sondern ist auch ein wichtiges Industriemetall. Schlechte Konjunkturnachrichten aus China ließen deshalb auch den Silberpreis fallen. Zudem belastete auch der Preisverfall bei Gold den Silberpreis.(Quelle: Handelsblatt, Ergebnisse gerundet, ohne Steuern und ohne Kosten für Wertpapierverkauf.)Stand: 30.06.2013 Quelle: dpa
Brasilianische Aktien73.320 EuroGroßveranstaltungen spalten das Land. Die horrenden Kosten für die Fußball-WM und die Olympischen Spiele, die in dem Land ausgetragen werden sollen, verärgern die Bevölkerung. Zumal die Regierung auf der anderen Seite die Kosten für den Nahverkehr erhöht. Brasilien erlebt 2013 einen Wachstumseinbruch. Bis Mai 2013 wuchs die Wirtschaftskraft gerade mal um 0,6 Prozent, gleichzeitig stieg die Inflationsrate auf 6,5 Prozent und die Lebensmittelpreise um 13 Prozent. Das machte brasilianische Aktien unattraktiv. Quelle: dpa
Gold74.490 EuroDer Goldpreis hat eine Talfahrt hinter sich wie lange nicht mehr. Der Preis pro Feinunze fiel sogar unter die Marke von 1.200 Dollar. An dem Edelmetall scheiden sich die Geister. Während einige Experten die mehr als 10-jährige Goldrally für beendet erklären, halten andere an ihrem Investment in Gold fest. Egal wie man die weiteren Aussichten für Gold bewertet, 2013 war es kein gutes Investment. Quelle: dpa
Namibische Aktien75.850 EuroNamibias Wirtschaft besteht zu 20 Prozent aus Bergbau. Neben Diamanten und Gold werden auch Industriemetalle wie Kupfer gefördert. Zwar gehört Namibia zu den reicheren Ländern Afrikas, hat aber eine sehr hohe Arbeitslosigkeit. Die sinkende Nachfrage von Rohstoffen belastet auch Namibias Unternehmen. Namibische Aktien haben im ersten Halbjahr somit aus 100.000 Euro 75.850 Euro gemacht. Quelle: dpa
Russische Aktien83.690 EuroHätte man sein Geld in russische Aktien an der Micex investiert, wäre man nicht gut gefahren. Nicht nur die Proteste gegen die Regierung, sondern auch die stotternde Wirtschaft belasten das Land. Russland ist der größte Energieproduzent der Welt. Doch außer der Energiesparte kann das Land wenig vorweisen. Russische Aktien gelten bei Investoren als unattraktiv, weil das Land mit zu vielen politischen Unsicherheiten belastet ist. Quelle: AP
Südafrikanische Aktien84.720 EuroBei der berühmten BRICS-Strategie steht das S für Südafrika. Investoren steckten viel Hoffnung in das aufstrebende Land. 2013 enttäuschte der Aktienmarkt jedoch. Während die Indizes der Industrieländer kletterten, ging es für die meisten Emerging Markets abwärts. Quelle: dpa
Kupfer85.940 EuroAnleger kündigen Rohstoffen die Treue. Das gilt auch für Kupfer. Das Industriemetall wird vor allem von China, dem rohstoffhungrigsten Land, nachgefragt. Jede Meldung über ein langsameres Wirtschaftswachstum Chinas belastete damit den Kupferpreis. Quelle: dpa

Max Otte: Es gibt noch einen zweiten Verlierer der Niedrigzinspolitik: den Mittelstand. Die niedrigen Zinsen helfen den großen Banken, den Family-Offices der Reichen, die ihr Geld nämlich nicht auf dem Sparbuch parken – und Staaten und Hedgefonds, die sich billig verschulden können. Die Folge: Die Private-Equity-Unternehmen nehmen massig Geld in die Hand und kaufen Mittelständler auf. Und dann zocken sie mit den Unternehmen und schauen mal, wie viel Geld sich dort herausziehen können. Die aktuelle Politik bestraft Kleinstrukturen und belohnt die Großen. Nicht umsonst erleben wir seit einigen Jahren eine Explosion der Zahl der Superreichen.

Herr Schäffler, wird der neu gewählte Bundestag dieser Tendenz entgegentreten?

Frank Schäffler: Dafür kämpfe ich. Umso besser mein Ergebnis ist, desto mehr Gewicht hat mein Wort in der FDP-Fraktion. Wir müssen in der neuen Legislaturperiode verhindern, dass sich die Transferunion verfestigt. Eurobonds darf es nicht geben. Aber das alleine reicht nicht. Meine Prognose: Die Kapitalisierung der Banken steht an. Man wird das Geld aus Rettungspaketen und Notkrediten also nicht mehr den Staaten geben, weil es deren Schuldenberg erhöht, sondern gibt es den Banken direkt. Ich glaube nicht, dass das dazu führt, dass die betroffenen Banken künftig besser haushalten. Wir müssen diesen Forderungen also Einhalt gebieten.

Was die FDP für die Euro-Rettung plant

Max Otte: Ich schätze Ihre Haltung und Ihren Mut. Ich fürchte aber, dass Sie sich mit Ihrer Meinung nicht durchsetzen können. Diejenigen, die im Bundestag eine andere Meinung haben, sind lautstark und verfügen über eine mächtige Lobby – Großkonzerne, die EU-Bürokratie – im Hintergrund. Auf Ihrer Seite, Herr Schäffler, sind einzig die Familienunternehmer und die Sparer. Das wird nicht reichen, um die Euro-Rettung um jeden Preis und zu Lasten der Sparer zu stoppen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%