




Nur noch knapp 24 Stunden Zeit hat Zypern und hofft auf Nothilfen der internationalen Geldgeber in Höhe von zehn Milliarden Euro. Die Gespräche befinden sich in einer heiklen Phase. Die Situation ist sehr schwierig“, erklärte der Regierungssprecher weiter. Anastasiades wird von Finanzminister Michalis Sarris und der Führung der Zentralbank Zyperns begleitet, berichtete das Staatsradio (RIK). Sollte es keine Einigung bei einer Sondersitzung der Eurogruppe am Sonntagabend in Brüssel geben, an der auch Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF) teilnehmen werden, will die Europäische Zentralbank (EZB) kein Geld mehr nach Zypern schicken. Dann würde die Wirtschaft binnen Stunden zusammenbrechen. „Drama mit ungewissem Ende“, titelte die zyprische Zeitung „Kathimerini.“
Das Tauziehen um die Rettung des Euro-Landes dauerte den ganzen Samstag an: In den Gesprächen mit der sogenannten Troika aus EU, EZB und IWF gab es immer wieder Komplikationen. Zypern muss für das Rettungspaket einen Eigenanteil von 5,8 Milliarden Euro aufbringen. Im Mittelpunkt der Troika-Gespräche stand die Zwangsabgabe auf Geldeinlagen bei der Cyprus Bank, dem größten zyprischen Geldinstitut. Dort sollen russische Oligarchen Milliarden geparkt haben. Zur geplanten Höhe der Abgabe machten in Nikosia immer wieder neue Gerüchte die Runde.
Was für ein Zypern-Hilfspaket spricht
Eine Staatspleite in Zypern wäre der Beweis, dass die Euro-Länder doch nicht bereit sind, ein Land um jeden Preis zu retten. Die Politiker könnten befürchten, dass dann die Risikoaufschläge für Peripherie-Staatsanleihen wieder hochschnellen, auch wenn wir nicht davon ausgehen, dass die Krise wieder hochkocht.
Verweigern die Euro-Länder Zypern die Hilfe, wäre dies eine Aufkündigung der Solidarität. Das Misstrauen zwischen der Peripherie und den Kernländern dürfte sich vertiefen. Zur Erinnerung: Zypern hat sich ungeachtet seiner desolaten Staatsfinanzen an dem Hilfsprogramm für Griechenland beteiligt und garantiert für die EFSF-Kredite an Irland und Portugal. Und auch Irland hat sich erfolgreich geweigert, seine Steuersätze für Unternehmen anzuheben.
Vor allem aber dürfte es der EU nicht gefallen, wenn der russische Einfluss in Zypern noch größer würde. Russland hat ein großes wirtschaftliches und politisches Interesse an der Insel und würde wohl dem zyprischen Staat finanziell zur Seite springen. Schon 2012 hat der russische Staat Zypern mit einem Kredit über 2,5 Milliarden Euro vor der Pleite gerettet. Viele russische Bürger leben auf Zypern und zahlreiche russische Unternehmen haben in dem Land investiert. Darüber hinaus ist Zypern eine Drehscheibe für russisches Kapital. Ein Großteil der aus Russland nach Zypern transferierten Gelder fließt dorthin zurück. Ein gutes Viertel der in Russland getätigten Auslandsinvestitionen stammt aus Zypern.
Zypern könnte Russland, das Gefahr läuft, seinen syrischen Flottenstützpunkt zu verlieren, einen Hafen für seine Marine anbieten. Und noch etwas dürfte die EU fürchten: Russland hat ein Auge auf die vor der Küste Zyperns entdeckten Erdgasvorkommen geworfen. An deren Förderung möchte sich der russische Gasprom-Konzern beteiligen. Viele in Zypern knüpfen ihre Hoffnung auf Rettung an diese Gasvorkommen. Bei nur 0,9 Millionen Einwohnern könnten die zu erwartenden Gaseinnahmen die Situation des Landes massiv verbessern.
Die Zeitung „Kathimerini“ berichtete, die Abgabe auf Einlagen bei der Cyprus Bank werde zwischen 18 und 22 Prozent betragen. Für alle anderen Banken könnte eine Zwangsabgabe in Höhe von vier Prozent auf Guthaben über 100 000 Euro kommen. Schuld an den Schwierigkeiten bei den Gesprächen mit der Troika trage der Internationale Währungsfonds, berichteten die zyprische Nachrichtenagentur CNA und der Staatsrundfunk unter Berufung auf Regierungskreise am Samstagabend. Die IWF-Vertreterin stelle „immer wieder neue Forderungen“, hieß es. Die Regierung wollte sich am Sonntag nicht dazu äußern.
Das Parlament in Nikosia hatte in der Nacht zum Samstag bereits einen Teil des Sparpakets verabschiedet. So wurden Einschränkungen im Kapitalverkehr gebilligt, um ein Abfließen der Gelder ins Ausland zu verhindern. Außerdem wurde die Bildung eines Solidarfonds zur Rekapitalisierung der Geldhäuser beschlossen. Zudem soll die zweitgrößte Bank, die Popular Bank, in eine gesunde und eine Bad Bank gespalten werden.
Auch nach einer Rettung stehen den Zyprern nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble harte Zeiten bevor. „Zypern wird einen schweren Weg gehen - so oder so“, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“. „Aber das ist nicht die Folge europäischer Sturheit, sondern eines Geschäftsmodells, das nicht mehr funktioniert.“ Zypern habe seit Herbst 2011 praktisch keinen Zugang zu den Finanzmärkten, seine Anleihen seien auf Ramschstatus gesunken, die beiden großen Banken seien faktisch insolvent. Der Finanzminister versicherte: „Die Länder der Eurozone wollen den Zyprern helfen, aber die Regeln müssen respektiert werden, die Hilfe muss Sinn machen und das Programm muss die Probleme an der Wurzel packen.“
Die EZB sieht die weiteren Verhandlungen nach Angaben ihres Direktoriumsmitglieds Jörg Asmussen zuversichtlich. „Die Gespräche zum Abschluss eines Anpassungsprozesses für Zypern sind auf einem guten Wege“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Das Programm werde dem Beschluss von letzter Woche sehr ähnlich sein. „Kleinsparer werden jetzt vollständig geschützt, was richtig ist. Dafür werden größere Anleger in den beiden Großbanken des Landes deutlich stärker belastet werden“, sagte Asmussen. Am Dienstag sollen die seit Samstag vor einer Woche geschlossenen Banken wieder öffnen. Derzeit gibt es auf der Insel Bargeld nur aus dem Bankautomaten.