




Portugal hat nach drei Jahren den EU-Rettungsschirm verlassen. Anlässlich des Ausstiegs trat die konservative Regierung am Samstag in Lissabon zusammen, um eine „mittelfristige Strategie“ zur Fortsetzung der Reformen und zur Förderung des Wachstums zu beschließen. Portugal habe sich „aus dem Loch gezogen“ und gehe nun „ohne fremde Hilfe“, rief Ministerpräsident Pedro Passos Coelho am Freitagabend auf einer EU-Wahlkampfveranstaltung in Aveiro 250 nördlich von Lissabon.
Wie zuvor Irland entschied sich auch Portugal für einen „sauberen Austritt“: Lissabon will keine Kreditlinie für den Notfall beantragen. Die Geldgeber hatten dem ärmsten Land Westeuropas auch zuletzt gute Fortschritte bei den Sanierungsbemühungen bescheinigt. Die EU-Kommission betonte allerdings, sie erwarte von Portugal eine Fortsetzung der Reformpolitik. Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten Portugal 2011 mit einer Finanzhilfe in Höhe von 78 Milliarden Euro vor dem Bankrott bewahrt. Nach Portugals Ausstieg hängen nur noch Griechenland und Zypern am internationalen Finanztropf.
Wo sich die Schuldensünder der Euro-Zone verbessert haben
Haushaltsdefizit (Anteil am Bruttoinlandsprodukt ohne Bankenhilfe)
Griechenland
2009: -15,7 % 2013: -2,1 %
Portugal
2009: -10,2 % 2013: -4,5 %
Spanien
2009: -11,1% 2013: -6,6 %
Irland
2009: -12,4 % 2013: -6,7 %
Eurozone
2009: -6,4 % 2013: -3,0 %
Leistungsbilanzdefizit*
Die Exporte von Portugal (+37 %) und Spanien (+35%) haben zwischen 2009 und 2013 schneller zugelegt als in Deutschland (+33%)
Griechenland
2009: -14,4 % 2013: -2,3 %
Portugal
2009: -10,8 % 2013: +0,4 %
Spanien
2009: -4,8 % 2013: +1,1 %
Irland
2009: -2,3 % 2013: +7,0 %
Eurozone
2009: +0,2 % 2013: +2,7 %
(*im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt)
Die Schuldenkrise bescherte Griechenland, Spanien, Portugal und Irland eine tiefe Rezession. In Spanien sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 7,5 Prozent, in Portugal um 8,5 Prozent und in Griechenland sogar um 20 Prozent. Für 2014 erwarten Analysten nach fünf Jahren endlich überall wieder Wachstum - wenn auch nur in vergleichsweise kleinem Umfang. Allerdings ist dabei auch der Abstand zwischen Peripherie und den Kernländern.
Wirtschaftsvertrauen der EU-Kommission.
Den Tiefpunkt erreichte die Stimmung 2009. Bei der Erhebung im April 2015 war der Wert nur noch in Griechenland leicht unterdurchschnittlich.
Griechenland
2009: 74,8* April 2014: 95,4
Portugal
2009: 75,4 April 2014: 100,6
Spanien
2009: 73,8 April 2014: 101,5
Eurozone
2009: 70,1 April 2014: 102,0
(100 Punkte = langfristiger Durchschnitt; keine Werte für Irland)
In den ersten Jahren nach der Euro-Einführung haben die Peripherieländer ihre Lohnstückkosten deutlich gesteigert. Seit 2010 gab es einen deutlichen Richtungswechsel. Nach den Berechnungen des Anleihenmanagers Bantleon ist der zuvor aufgebaute Wettbewerbsnachteil durch hohe Lohnstückkosten inzwischen verschwunden
Entwicklung der Lohnstückkosten seit Anfang 2009:
Griechenland -15,0 %
Portugal -6,6 %
Spanien -7,6 %
Irland -13,0 %
Eurozone +3,0 %
Auch wenn es in der Öffentlichkeit oft so ankommt, als würden würden die Krisenländer in der Euro-Peripherie sich mit der Umsteuerung schwertun, so wurden doch weitreichende Reformen am Arbeitsmarkt, in den Renten- und Steuersystemen sowie Verwaltungen vorgenommen. Das etwa der Arbeitsmarkt flexibler geworden ist, belegt der Employment Protection Index der OECD. Je niedriger sein Wert, um geringer die Regulierung am Arbeitsmarkt durch Kündigungsschutz, Abfindungszahlungen, Probezeiten, etc.) Bis auf Irland habe sich alle Krisenländer verbessert.
Griechenland
2008: 2,9 2013: 2,4
Portugal
2008: 3,5 2013: 2,7
Spanien
2008: 2,7 2013: 2,3
Irland
2008: 2,0 2013: 2,1
Eurozone
2008: 2,4 2013: 2,3
Griechenland ist der erste und größte Problemfall in der Eurozone. Das Land stürzte in eine tiefe, mehrjährige Rezession. Riesige Schulden brachten den Staat an den Rand der Pleite. Trotz der beiden Hilfspakete von insgesamt 240 Milliarden Euro aus den Jahren 2010 und 2012 sowie eines Schuldenschnitts kann das Land immer noch nicht wieder auf eigenen Beinen stehen. Diskutiert wird über weitere Erleichterungen.
Irland musste als zweites Land Hilfen beantragen, weil der einstige „grüne Tiger“ von massiven Problemen im Bankensektor in die Knie gezwungen wurde. Die Hilfszusagen beliefen sich 2010 auf 85 Milliarden Euro. Irland hat als erstes Krisenland Ende 2013 planmäßig den Rettungsschirm verlassen.
Portugal folgte 2011 unter den Rettungsschirm. Das ärmste Land Westeuropas geriet in eine tiefe Rezession, besonders der Bausektor war betroffen. Trotz Kreditzusagen von 78 Milliarden Euro war lange nicht sicher, ob Lissabon nicht noch mehr Hilfen braucht. Im Mai 2014 entschied sich Portugal aber ebenso wie Irland für einen „sauberen Ausstieg“ aus dem Hilfsprogramm.
Spanien ist ein Sonderfall in der Schuldenkrise. Madrid beantragte 2012 Finanzhilfen speziell zur Sanierung maroder Banken. Zugesagt wurden 100 Milliarden Euro, von denen am Ende nur 40 Milliarden benötigt wurden. Das Land schlüpfte selbst nicht unter den Rettungsschirm. Im Januar 2014 wurde das Hilfsprogramm planmäßig beendet.
Zypern ist das jüngste Sorgenkind und ebenfalls ein Sonderfall, weil erstmals private Großanleger für die finanzielle Rettung zur Kasse gebeten wurden. Der aufgeblähte und marode Bankensektor trieb das kleine Euroland an den Abgrund. 2013 wurden Kredithilfen von 10 Milliarden Euro zugesagt. Das Programm läuft noch.