Schuldenkrise Sanktionen für ganz Europa

Die europäischen Staats- und Regierungschefs planen offenbar, Sanktionen schon bei minimaler Verschuldung einzuführen. Das würde fast alle treffen, ein Konsens ist ausgeschlossen. Gleichzeitig gibt es neue Negativmeldungen aus Griechenland, der Euro stürzte zeitweise auf den tiefsten Stand seit September 2010 ab.

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Die Kardinalfehler bei der Euro-Rettung
Frau mit einem blauen EU-Schirm vor dem EU-Parlament Quelle: dpa
Alter Mann bei einem Friseur Quelle: REUTERS
Die griechische Nationalflagge wird entfernt Quelle: dpa
Angela Merkel, Jose Luis Rodriguez Zapatero, Quelle: dpa
Demonstranten und Polizisten in Athen Quelle: dapd
Kassenbon mit Mehrwertsteuersätzen Quelle: dpa
Mann läuft an geschlossenen Geschäften vorbei Quelle: REUTERS

Wie viele Schulden darf ein Staat jährlich neu aufnehmen? Darf das Staatsdefizit bei 8,5 Prozent liegen – wie im Fall Griechenland 2011 – oder bei drei Prozent, wie im Vertrag von Maastricht festgelegt? Vertreter der europäischen Staats- und Regierungschefs haben offenbar eine neue gemeinsame Antwort für sich und die Europäische Union gefunden: Das strukturelle Defizit eines Landes darf „in keinem Fall höher als 1,0 Prozent des nominalen BIP sein“. So steht es laut "Handelsblatt" im neuesten Entwurf des EU-Vertrages, über den die Staats- und Regierungschefs Europas Ende des Monats abstimmen sollen.

Um die Konjunktur anzukurbeln oder Katastrophen abzumildern, darf das Defizit demnach bis zu drei Prozent des BIP betragen, in der Regel aber nur bis zu einem Prozent. Macht ein Land mehr Schulden, sollen Strafmaßnahmen automatisch greifen. Auch wenn ein Land insgesamt mit mehr als 60 Prozent des BIP verschuldet ist, wird es zur Kasse gebeten.

Was die Euro-Krise Deutschland im Ernstfall kostet

„Wir wollen deutlich machen, dass wir ein starkes, modernes und wettbewerbsfähiges Europa wollen. Jeder ist dazu bereit“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittag nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Sie sei optimistisch, dass die neuen EU-Verträge "im Januar, spätestens im März" unterzeichnet werden können." Die Verhandlungen zum Fiskalpakt kommen gut voran", erklärte Merkel ohne Details des Paktes zu nennen. "Wir müssen unsere Verpflichtungen erfüllen, die Defizite zu reduzieren", sagte auch Sarkozy, der ankündigte, dass Frankreich bessere Defizitzahlen für das Jahr 2011 vorlegen kann, als zunächst prognostiziert.

Allerdings: Die hohen Hürden, die der Gesetzesentwurf zur EU-Reform vorsieht, wird Frankreich bei Weitem nicht erfüllen. Für 2011 prognostizierte Eurostat/ die EU-Kommission, dass Paris ein Haushaltsdefizit von 5,8 Prozent aufweisen wird. Selbst wenn Frankreich, wie von Sarkozy angekündigt, bessere Zahlen verkünden kann, dürfte das Defizit noch deutlich über dem Maastricht-Grenzwert liegen - und Lichtjahre entfernt von dem Reformvorschlag von 1,0 Prozent.

Die Hürden aus der Gesetzesvorlage sind derart hoch, dass kaum ein Land der Eurozone die Kriterien in den vergangenen Jahren erfüllt hätte. Auch Deutschland nicht. 2010 lag das Haushaltssaldo des Bundes bei minus 3,3 Prozent des BIP. Im vergangenen Jahr, so Schätzungen, konnte Finanzminister Wolfgang Schäuble dank der sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung das Defizit drücken. Es wird aber voraussichtlich zwischen 1,5 und 2 Prozent liegen – und damit über der europäischen Wunschgrenze. Die Gesamtverschuldung Deutschlands liegt derzeit gar 21,7 Prozentpunkte über der Maastricht-Grenze von 60 Prozent im Vergleich zum BIP.

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